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Schlam­mes­ri­tua­le

In den 1900 Meisterwerken wird die Schönheit der Fußballmomente endlich auf den Punkt gebracht.
Diesmal: eine athletische Phalanx.

Im Mit­tel­punkt des Bil­des sehen wir eine Anord­nung von vier jun­gen Män­nern, vom Kamp­fe gezeich­net. Die Jüng­lin­ge erschei­nen sie­ges­trun­ken, rei­ßen ihre beschnauz­bar­te­ten oder juve­nil glat­ten Mün­der in strah­len­der Freu­de auf. Die Kör­per ste­hen eng gedrängt, die bei­den äuße­ren Män­ner umrah­men die Grup­pe durch erho­be­ne Arme, geben ihr so orga­ni­sche Geschlos­sen­heit, einem Polyp­ty­chon ähn­lich. 

Das Gelb ihrer Klei­dung ist groß­flä­chig ver­schmiert von Schlamm, aus den kur­zen Hosen­bei­nen lugen nack­te Bei­ne her­vor und unter­strei­chen die Ath­le­tik der Pha­lanx. In Abgren­zung zu dem Schwarz der Hosen, des Schlamms und des Anzu­ges des rech­ten Jüng­lings erscheint das gedeck­te Gelb des Hem­des leuch­tend. Die­se boden­stän­di­ge Kraft wird durch die Kopf­be­de­ckun­gen zwei­er Kämp­fer auf­ge­nom­men und fin­det in einer gro­ßen Flä­che am Ran­de in der sinn­fäl­li­gen Beschrif­tung „bei Häu­sern“ Abrun­dung und Kom­men­tar gleichermaßen.

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Die Hem­den der Sie­ger ziert in zeit­ge­nös­si­schem Druck der Schrift­zug „Arc­tic“. Dies steht in Wider­spruch zu der wil­den Sze­ne­rie hin­ter der Grup­pe, bewusst in amor­pher Unschär­fe belas­sen. Dort sind Men­schen­mas­sen zu erah­nen, dicht gedrängt, span­nungs­voll ver­har­rend, ein­ge­pfercht in einen matt schim­mern­den Käfig, der hier und dort einen Blick frei­gibt auf ein­zel­ne Glied­ma­ßen. Der schwe­re Boden, auf dem die Män­ner ste­hen, scheint in sat­ten, erdig durch­weich­ten Grün­tö­nen, an zahl­rei­chen Stel­len bedeckt von wei­ßen Tup­fern, die wie Res­te einer Erup­ti­on anmu­ten und im Lich­te silb­rig leuch­ten. 

In den kon­se­quen­ten Ambi­va­len­zen, dem leuch­ten­den Gelb und dem gedeck­ten Schwarz, der ark­ti­schen Küh­le und der emo­tio­na­len Hit­ze, der stand­haf­ten Vita­li­tät der Sie­ger und der erdi­gen Matt­heit des Geläufs, hallt beim Betrach­ter eine enor­me Wucht nach. Wider­stän­dig, sie­ges­si­cher und unver­gäng­lich. 

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Als wir die ersten Buchstaben tippten, um unsere fixe Idee eines Alemannia-Magazins in die Tat umzusetzen, spielte Henri Heeren noch in Schwarz-Gelb. Jupp Ivanovic machte drei Buden am Millerntor und trotzdem träumte niemand von Bundesliga oder Europapokal. Das ist lange her. In der Zwischenzeit waren wir mit dem TSV ganz oben. Wir sind mit ihm ziemlich unten. Aufgehört haben wir unterwegs irgendwie nie. Neue Ausgaben kamen mal in größeren, mal in kleineren Abständen. Und jetzt schreiben wir halt auch noch das Internet voll.

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