Die Meu­te­rei

Eine Crew erhebt sich gegen ihren Kapitän. Der Flottenkommandant scheint hilflos. Die Admiralität schaut zu. Ein viertklassiges Drama am Tivoli.
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Als die Her­ren am 3. Dezem­ber 2015 ihre elek­tro­ni­sche Post öff­ne­ten, fie­len sie kol­lek­tiv aus allen Wol­ken. Damit hat­ten die Auf­sichts­rä­te der Alemannia Aachen GmbH nun gar nicht gerechnet.

Der Coach der Pro­fi­mann­schaft soll­te ein dis­zi­plin­fa­na­ti­scher Drill-Ser­geant mit des­po­ti­scher Ader sein? Das Bin­nen­ver­hält­nis zwi­schen ihm und den Spie­lern soll­te qua­si ver­wahr­lost sein? Zumin­dest, wenn man den von den Berufs­ki­ckern geschrie­be­nen Zei­len Glau­ben schen­ken wollte.

Dabei hat­te man der Füh­rungs­rie­ge doch immer wie­der beru­hi­gend ver­mit­telt, dass zwi­schen dem spie­len­den Per­so­nal und sei­nem Übungs­lei­ter alles zum Bes­ten ste­hen wür­de. Außer­dem hat­te Gre­mi­ums­mit­glied Tho­mas Deutz, immer­hin so etwas wie der obers­te Sport­chef des Unter­neh­mens, nie Gegen­tei­li­ges zu ver­mel­den gehabt.

Infor­mier­te Räte

So wur­de sie jeden­falls im Nach­hin­ein erzählt: die Geschich­te des ale­man­ni­schen Herbs­tes 2015. Waren die Kon­trol­leu­re wirk­lich so ahnungs­los? War es am Ende wirk­lich nur Tho­mas Deutz, der von all den Que­re­len wuss­te, die­se Din­ge aber für sich behal­ten hat­te? Eine Dar­stel­lung, die sich nach der Lek­tü­re eini­ger Mails zwi­schen Gre­mi­kern der GmbH und des Mut­ter­ver­eins nicht auf­recht­erhal­ten lässt.

Wer wuss­te wann was? Auf­sichts­rats­chef Chris­ti­an Stein­born
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Aus der elek­tro­ni­schen Post, die IN DER PRATSCH ein­se­hen konn­te, geht her­vor, dass nicht nur die Auf­sichts­rä­te, son­dern auch Prä­si­di­ums­mit­glie­der des Ver­eins spä­tes­tens im Okto­ber 2015 über die Trag­wei­te des Zer­würf­nis­ses zwi­schen der Pro­fi­trup­pe und ihren unmit­tel­ba­ren Chefs infor­miert gewe­sen sein mussten.

Im glei­chen Monat hat­te zudem Trai­ner Chris­ti­an Ben­ben­nek unmiss­ver­ständ­lich gefor­dert, die Spie­ler Peter Hacken­berg, Fre­de­ric Löhe, Bas­ti­an Mül­ler und Aimen Demai aus­zu­sor­tie­ren. Hacken­berg und Löhe aus hier­ar­chi­schen Erwä­gun­gen her­aus, Mül­ler wegen sei­ner Ein­stel­lung zum Job und Demai auf­grund sport­taug­li­cher Zwei­fel. Eine Maß­nah­me, die von den Len­kern damals abge­lehnt wur­de. Aus deren Sicht wäre dem Publi­kum eine sol­che Sache nicht zu ver­kau­fen gewesen.

Über­haupt war Ben­ben­nek nicht nur ein­mal Gast bei Auf­sichts­rats­sit­zun­gen. Es gab einen ste­ti­gen Mei­nungs- und Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zwi­schen den Räten und der sport­li­chen Lei­tung. Per Mail, über Tele­fo­na­te und im Rah­men per­sön­li­cher Tref­fen. Pro­ble­me kamen dabei regel­mä­ßig zur Spra­che. Auch wenn Auf­sichts­rats­chef Chris­ti­an Stein­born dem immer noch wider­spricht: Das Miss­ver­hält­nis zwi­schen dem Kapi­tän und des­sen Crew muss­te allen Ent­schei­dungs­trä­gern weit vor dem Brand­brief der Mann­schaft bekannt gewe­sen sein.

Ent­we­der haben die Kon­trol­leu­re die Din­ge ein­fach lau­fen las­sen. Oder sie haben die Lösung des Pro­blems bewusst dem inzwi­schen beur­laub­ten Sport­di­rek­tor Alex­an­der Klitz­pe­ra als ope­ra­tiv Ver­ant­wort­li­chem über­las­sen. Und die­sen dann im Sturm der öffent­li­chen Mei­nung allein­ge­las­sen, als der kei­ne Lösung fand.

Ker­ni­ge Begrüßung

Dass das Ver­hält­nis der Trup­pe zu ihrem neu­en Übungs­lei­ter ein schwie­ri­ges wer­den könn­te, däm­mer­te eini­gen Pro­fis bereits zu Beginn der Vor­be­rei­tung im Som­mer 2015. „Ihr müsst euch nichts ein­bil­den. Ihr habt noch nichts erreicht. Ihr seid Zwei­ter gewor­den. Das zählt nicht. Das Ein­zi­ge, was zählt, ist der Auf­stieg.“ Ben­ben­n­eks Begrü­ßung war ker­nig, als er sei­ner Mann­schaft zum ers­ten Mal gegen­über­trat. Und sie damit irritierte.

„Ihr müsst euch nichts ein­bil­den. Ihr habt noch nichts erreicht. Ihr seid Zwei­ter gewor­den. Das zählt nicht. Das Ein­zi­ge, was zählt, ist der Aufstieg.“

Chris­ti­an Ben­ben­n­eks Antritts­re­de in der TSV-Kabine

Denn bei der Aache­ner Alemannia war man in dem Glau­ben, sehr wohl etwas zuwe­ge gebracht zu haben. Hat­te man nicht mit dem zwei­ten Tabel­len­platz das offi­zi­el­le Sai­son­ziel über­trof­fen? Hat­te man nicht einen nach der Insol­venz immer noch schlin­gern­den Ver­ein zumin­dest sport­lich auf Kurs gebracht? Hat­te man nicht das Umfeld beru­hi­gen, ja sogar wie­der eine gewis­se Eupho­rie ent­fa­chen kön­nen? Und das soll­te nach Les­art des neu­en Coachs nichts wert sein? „Wir haben das erst ein­mal als eine Art Aus­ru­fe­zei­chen so hin­ge­nom­men. Wir haben gedacht, dass hier jemand eine Duft­mar­ke set­zen will, auch um uns von vorn­her­ein auf das gro­ße Ziel Rele­ga­ti­on ein­zu­schwö­ren“, erin­nert sich einer der Spie­ler, der wie alle Akteu­re unbe­dingt anonym blei­ben will.

Doch das Ver­hält­nis zwi­schen der Mann­schaft und dem Coach ent­krampf­te sich nicht. Im Gegen­teil: Ben­ben­nek begeg­ne­te sei­nen Man­nen mit grund­sätz­li­chem Miss­trau­en. Der Fuß­ball­leh­rer monier­te man­geln­de Pro­fes­sio­na­li­tät und feh­len­de Ein­stel­lung. Er ver­mit­tel­te den Ein­druck, er habe eine undis­zi­pli­nier­te, schwer steu­er­ba­re Trup­pe über­nom­men. Glaubt man den Spie­lern, so war der Ton auch in der Fol­ge­zeit vor­nehm­lich ein rau­er und herrischer.

Zudem hät­te man bereits wäh­rend der über­aus erfolg­rei­chen Start­pha­se der Sai­son, in der die Alemannia sen­sa­tio­nel­le 16 Punk­te aus den ers­ten sechs Spie­len ein­fuhr, Beden­ken wegen der tak­ti­schen Aus­rich­tung gehabt. Die Ergeb­nis­se hät­ten über die spie­le­ri­schen Defi­zi­te hin­weg­ge­täuscht. Auf ent­spre­chen­de war­nen­de Hin­wei­se hät­te der Trai­ner nicht reagiert.

Der Gegen­ent­wurf

Hört man Chris­ti­an Ben­ben­nek zu, wird schnell deut­lich, war­um er der Mei­nung sei­ner Spie­ler wenig Raum gab. Bei dem Nie­der­sach­sen fal­len ent­waff­nend häu­fig die Begrif­fe „Dis­zi­plin“ und „Hier­ar­chie“. Für ihn bestimmt allein der Coach die gesam­te Rich­tung. Trai­ning, Auf­stel­lung, Sys­tem, Tak­tik: Die Ange­stell­ten haben da nicht mit­zu­re­den. Sie sol­len nicht hin­ter­fra­gen, son­dern fol­gen. Selbst kleins­te Ver­ge­hen wer­den sofort sanktioniert.

Mit sei­nem Füh­rungs­stil der kom­pro­miss­los har­ten Hand war der 43-Jäh­ri­ge der abso­lu­te Gegen­ent­wurf zu sei­nem Vor­gän­ger. „Ich kann durch­aus auto­ri­tär wer­den, wenn es die Situa­ti­on ver­langt. Doch ins­ge­samt ist mein Füh­rungs­stil ein eher koope­ra­ti­ver“, so Peter Schu­bert. Fragt man bei Schu­berts ehe­ma­li­gen Schütz­lin­gen nach, bestä­tigt sich dies. Unter dem Schwa­ben hät­ten in der Tat kla­re Ver­hält­nis­se geherrscht. Schu­bert und sein Co-Trai­ner Rei­ner Plaß­hen­rich hät­ten durch­aus auch wenig popu­lä­re Maß­nah­men im Reper­toire gehabt.

Zum Bei­spiel durf­ten Spie­ler, die nicht im Kader waren, erst gar nicht im Mann­schafts­bus Platz neh­men. „Doch das lief alles respekt­voll und auf Augen­hö­he ab. Vor allem blieb alles intern und wur­de nicht über die Medi­en breit­ge­tre­ten“, so ein dama­li­ges Kadermitglied.

Alex­an­der Klitz­pe­ra jedoch erläu­tert, dass er die Ent­schei­dung für einen Trai­ner­typ, wie ihn Ben­ben­nek ver­kör­pert, sehr bewusst getrof­fen habe. Er macht sogar das Ver­pas­sen der Rele­ga­ti­on unter Peter Schu­bert „an der Schwä­che­pha­se“ des Teams fest. „Als die Spie­ler rea­li­sier­ten, dass sie Platz eins schaf­fen konn­ten, spiel­ten sie nicht mehr befreit auf. Sie waren men­tal noch nicht so gefes­tigt und konn­ten phy­sisch nicht mehr zule­gen.“ Der Ex-Sport­chef hat­te öffent­lich kund­ge­tan, die Trup­pe hät­te sich unter dem dama­li­gen Trai­ner eine „Wohl­fühl­oa­se“ geschaffen.

Eine Ein­schät­zung, die Ben­ben­nek spä­ter noch ein­mal wie­der­hol­te. Von so etwas will Peter Schu­bert nichts wis­sen. „Wir hat­ten fes­te Regeln des pro­fes­sio­nel­len Umgangs. Die­se Regeln wur­den so gut wie nicht über­schrit­ten. Und wenn das tat­säch­lich ein­mal gesche­hen war, gab es ent­spre­chen­de Kon­se­quen­zen. Nur hat­ten wir dazu kaum Ver­an­las­sung. Im Gegen­teil: Ich habe die Trup­pe als äußerst ziel­ori­en­tiert und wil­lens­stark wahr­ge­nom­men, deren Stär­ke eine enor­me mann­schaft­li­che Geschlos­sen­heit war.“

Schwe­re Beine

Am Ende kipp­te auch sein Stuhl: Sport­di­rek­tor Alex­an­der Klitz­pe­ra
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Die Sta­tis­ti­ken der Sai­son 2014/​2015 schei­nen die­se Ein­schät­zung zu stüt­zen. Da konn­ten die Schwarz-Gel­ben in immer­hin zehn Spie­len einen Rück­stand zumin­dest in ein Unent­schie­den umbie­gen. Allein neun Mal gelan­gen ihnen ent­schei­den­de Tref­fer im Lau­fe der letz­ten 15 Minu­ten. Kol­lek­ti­ves gif­ti­ges Dage­gen­hal­ten schien Teil des Pro­gramms. Stän­dig war man bereit, sich bei strit­ti­gen Sze­nen mit Gegen­spie­lern und Schieds­rich­tern anzu­le­gen, Rudel­bil­dung inklusive.

Alex­an­der Klitz­pe­ra ficht das nicht an: „Es war von Beginn an unser Anspruch, pro­fes­sio­nel­ler zu arbei­ten. Unser Ziel muss die drit­te Liga sein. Also muss jeder Ein­zel­ne bei unse­ren Mög­lich­kei­ten das Maxi­ma­le her­aus­ho­len. Sonst errei­chen wir unse­re hohen Zie­le nicht.“ Die spie­len­de Beleg­schaft will jedoch von einer Pro­fes­sio­na­li­sie­rung nichts gespürt haben.

Vor allem Trai­nings­steue­rung und tak­ti­sche Vor­ga­ben wur­den nun zum The­ma. „Zum Bei­spiel haben wir noch weni­ge Tage vor einem Match immer wie­der sechs Ein­tau­send­me­ter­läu­fe absol­viert. Am Spiel­tag waren die Bei­ne schwer“, erläu­tert ein Aktiver.

Bereits im ers­ten Drit­tel der Sai­son schien sich die grund­sätz­li­che Skep­sis der Mann­schaft zu bestä­ti­gen. Der Höhen­flug der Alemannia ende­te schnell. Nach dem ver­meint­lich gol­de­nen Som­mer paar­ten sich die ohne­hin spie­le­risch eher durch­wach­se­nen Auf­trit­te nun auch mit schlech­ten Resul­ta­ten. Im gesam­ten Sep­tem­ber konn­ten die Kai­ser­städ­ter aus fünf Begeg­nun­gen nur noch einen Punkt mitnehmen.

Rau­es Klima

Im Lau­fe die­ser Wochen wur­de das Kli­ma am Tivo­li bran­chen­üb­lich rau­er. Chris­ti­an Ben­ben­nek reagier­te dünn­häu­tig und erhöh­te den Druck auf sein Per­so­nal. So sus­pen­dier­te er vor dem Spiel bei der Zweit­ver­tre­tung des 1. FC Köln die Spie­ler Domi­nik Ernst und Fre­de­ric Löhe. Die bei­den waren zu spät zum Trai­ning erschie­nen. Als man in der Dom­stadt prompt ver­lor, keil­te der Übungs­lei­ter öffent­lich vor allem in Rich­tung der Ver­damm­ten aus. In har­schen Wor­ten schob er die Schuld an der Nie­der­la­ge aus­schließlich ihnen in die Schuhe.

Ein Mann­schafts­ka­me­rad der bei­den „Sün­der“ beschreibt die Wir­kung auf das Team so: „Auch wenn man die Sus­pen­die­rung als sol­che viel­leicht nach­voll­zie­hen könn­te. Wie die bei­den im Nach­hin­ein abge­kan­zelt wur­den, schür­te bei vie­len von uns Angst. Kei­ner konn­te sicher sein, ob er nicht der Nächs­te war, den es aus irgend­ei­nem Grund tref­fen wür­de.“ Eine Inter­ven­ti­on beim ehe­ma­li­gen Sport­di­rek­tor wäre nicht infra­ge gekom­men. „Ben­ben­nek und Klitz­pe­ra waren eine Ein­heit. Wir haben schnell gemerkt, dass der Trai­ner sofort alles erfah­ren hat, wenn man mit einem Pro­blem zu Klitz­pe­ra gegan­gen ist. Sogar die ent­spre­chen­den Namen.“

Geriet zwi­schen­zeit­lich in die Posi­ti­on des Sün­den­bocks und wur­de letzt­lich aus­sor­tiert: Kee­per Fre­de­ric Löhe
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Am Tag der Deut­schen Ein­heit reis­ten die Schwarz-Gel­ben zum Tabel­len­sechs­ten nach Wat­ten­scheid. Hier woll­te man „den Bock umsto­ßen“, wie es Ben­ben­nek immer wie­der ger­ne for­mu­lier­te. Der gab sich vor dem Wett­kampf eher kon­zi­li­ant denn gif­tig. Doch nach etwas mehr als 90 Minu­ten stand ein erneu­ter Fehl­schlag zu Buche. Das Team war rat­los. Trai­ner und Sport­di­rek­tor prä­sen­tier­ten sich ohn­mäch­tig. Unmit­tel­bar nach dem Spiel setz­ten sich eini­ge Füh­rungs­spie­ler zusam­men, um die Lage zu erör­tern. „Wir waren uns einig, dass wir uns erst ein­mal an unse­re eige­ne Nase packen muss­ten“, so einer der Beteiligten.

Als eini­ge Mann­schafts­ka­me­ra­den per SMS erst­ma­lig den Sturz des unge­lieb­ten Coachs for­der­ten, wirk­ten die Lea­der dees­ka­lie­rend auf ihre Kol­le­gen ein. Mit Erfolg: Einen Tag spä­ter, am 4. Okto­ber, traf man sich im gro­ßen Kreis. Trai­ner und Sport­di­rek­tor ein­ge­schlos­sen. Man dis­ku­tier­te sowohl Tak­tik als auch Trai­nings­ge­stal­tung. Die Mann­schaft äußer­te zum Bei­spiel den Wunsch, „grund­sätz­lich über mehr Ball­be­sitz ins Spiel zu kom­men“. Ins­ge­samt emp­fan­den die Spie­ler das Gespräch als „sehr kon­struk­tiv. Wir hat­ten end­lich den Ein­druck, dass man unse­re Sicht der Din­ge ernst neh­men wür­de. Dass sich etwas bewe­gen wür­de“, erin­nert sich einer der Teil­neh­mer. Alex­an­der Klitz­pe­ra spielt die Sache her­un­ter: „Da kam nichts Sub­stan­zi­el­les. Trotz mehr­ma­li­gen Nach­fra­gens waren es nur Klei­nig­kei­ten. Auf die konn­te Ben­ben­nek leicht eingehen.“

So oder so, das Mee­ting schien etwas bewirkt zu haben. Trotz der bei­na­he erwar­te­ten Nie­der­la­ge: Die Aache­ner zeig­te sich in der anschlie­ßen­den Pokal­be­geg­nung gegen Dritt­li­gist For­tu­na Köln in nahe­zu allen Belan­gen deut­lich ver­bes­sert. Man agier­te auf Augen­hö­he mit den höher­klas­si­gen Dom­städ­tern. Nichts­des­to­trotz war den meis­ten Beob­ach­tern bewusst, dass Ben­ben­nek bei einem Schei­tern gegen den chro­nisch erfolg­lo­sen Auf­stei­ger Weg­berg-Beeck nicht mehr zu hal­ten gewe­sen wäre.

So sah das wohl auch die Mann­schaft. „Uns war schon klar, dass das ein Schlüs­sel­spiel für den Trai­ner war. Wir hät­ten ihn ganz ein­fach auf­lau­fen las­sen kön­nen. Aber das war für uns zu kei­ner Zeit eine Lösung. So tick­te die Trup­pe nicht. Dazu war sie zu anstän­dig“, erklärt einer der Akteu­re. Die Nie­der­rhei­ner wur­den mit 3:1 bezwungen.

„Kör­per­lich am Ende“

Am 24. Okto­ber muss­te die Alemannia bei der Spiel­ver­ei­ni­gung Vel­bert antre­ten. Laut Mann­schaft hat­te Chris­ti­an Ben­ben­n­eks schon nach der Pokal­nie­der­la­ge gedroht: „Wir haben es jetzt nach euren Vor­stel­lun­gen pro­biert. Es hat nichts gebracht. Ihr habt wie­der ver­lo­ren. Jetzt geht es eben wie­der nach mei­nen Vor­stel­lun­gen.“ Zwar bestrei­tet der Ex-Trai­ner, dies so gesagt zu haben. Doch glaubt man den Spie­lern, so sei­en die Ein­hei­ten wie­der „unsin­nig inten­si­viert“ worden.

„Wir waren schon vor dem Anstoß kör­per­lich ziem­lich am Ende, hat­ten über­haupt nichts zuzu­set­zen“, so einer aus der dama­li­gen Start­for­ma­ti­on. Alex­an­der Klitz­pe­ra begeg­net dem Vor­wurf mit einem Ver­weis auf die Rah­men­be­din­gun­gen am Tivo­li: „Gene­rell ist die Trai­nings­ge­stal­tung nicht mei­ne Auf­ga­be. Das ist Sache unse­res Trai­ners. Aber eines muss mal klar gesagt wer­den: Unse­re Spie­ler sind Voll­pro­fis. Im Gegen­satz zum Gros der Viert­li­ga­spie­ler müs­sen sie in Aachen kei­nem ande­ren Beruf nach­ge­hen und haben somit kei­ne Dop­pel­be­las­tung. Es wäre doch fahr­läs­sig, wenn wir die­sen Vor­teil nicht für uns nut­zen würden.“

Sei es wie es war: Die Alemannia ver­lor in der Christ­o­peit Sport Are­na nach einer erschre­ckend schwa­chen Leis­tung mit 0:1. Und das aus­ge­rech­net vor dem „Klas­si­ker“ gegen Rot-Weiss Essen, der nur weni­ge Mona­te zuvor noch mehr als 30.000 Fans in sei­nen Bann gezo­gen hat­te. Ben­ben­nek sah sich anschei­nend gezwun­gen, sei­ne Posi­ti­on gegen­über der Mann­schaft zu verdeutlichen.

Sei­ne unmiss­ver­ständ­li­che Kampf­an­sa­ge „Bevor ich hier gehe, flie­gen fünf ande­re vor mir“ mach­te von da an die Run­de. Und er schlug sofort Pflö­cke ein: Mit­tel­feld­ak­teur Bas­ti­an Mül­ler wur­de sus­pen­diert. Eine Maß­nah­me, die indes mit Mann­schafts­rat, Sport­di­rek­tor und sogar dem Auf­sichts­rat abge­spro­chen gewe­sen sein soll. Ins Schein­wer­fer­licht der öffent­li­chen Dis­kus­si­on muss­te sich jedoch der Trai­ner allei­ne stellen.

Trai­ner Ben­ben­nek fand nie die Nähe zur Mann­schaft
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Neben der Unzu­frie­den­heit über das sport­li­che Auf­tre­ten war es die Art der Men­schen­füh­rung, die bei den Spie­lern den Arg­wohn gegen­über ihrem Übungs­lei­ter wach­sen ließ. Von einer Atmo­sphä­re der bewusst geschür­ten Angst ist da die Rede. Ver­such­te Bespit­ze­lun­gen, Dro­hun­gen und das Aus­spie­len ein­zel­ner Akteu­re gegen­ein­an­der sei­en bevor­zug­te Werk­zeu­ge gewe­sen. „Stän­dig hat der Trai­ner ver­sucht, Ein­zel­ne von uns aus­zu­hor­chen. Er woll­te immer wis­sen, wer im Team war­um gegen ihn sei. Da war er rich­tig manisch“, behaup­tet einer der Betroffenen.

Dabei hät­te Ben­ben­nek auch schon mal sug­ge­riert, dass für spe­zi­fi­sche Infor­ma­tio­nen ein Platz in der Mann­schaft win­ken wür­de. Doch der Coach schien das Bin­nen­ver­hält­nis der Trup­pe fahr­läs­sig unter­schätzt zu haben. „Wir waren eine Ein­heit. Sol­che Din­ge haben wir immer sofort im Mann­schafts­kreis wei­ter­ge­ge­ben und bespro­chen. Da gab es kaum Geheim­nis­se. Des­halb fruch­te­te das nicht“, beschreibt ein Pro­fi die Situation.

Die Abstim­mung

Unmit­tel­bar nach der pein­li­chen Plei­te in Vel­bert kam es im Kader zu einer gehei­men Abstim­mung. Anonym soll­te geklärt wer­den, wie groß der Rück­halt Ben­ben­n­eks im Team wirk­lich war. Aus dem Team her­aus wird ein über­deut­li­ches Votum kol­por­tiert: 21 Pro­fis hät­ten sich gegen eine wei­te­re Zusam­men­ar­beit mit dem unge­lieb­ten Coach aus­ge­spro­chen, nur zwei dafür.

„Es gab kei­ne Ent­hal­tun­gen. Es waren 21 zu zwei Stim­men. Alles ande­re ent­spricht nicht der Wahrheit.“

Ein Abstim­mungs­teil­neh­mer erin­nert sich

Eini­ge der GmbH-Ver­ant­wort­li­chen zwei­feln das Ergeb­nis inzwi­schen stark an. Man spricht davon, dass man neun Ent­hal­tun­gen ein­fach als Nein-Stim­men gezählt hät­te. Einer der Teil­neh­mer an der Abstim­mung wider­spricht dem ener­gisch: „Es gab kei­ne Ent­hal­tun­gen. Es waren 21 zu zwei Stim­men. Alles ande­re ent­spricht nicht der Wahrheit.“

In jedem Fall traf sich der Mann­schafts­rat noch vor dem anste­hen­den Meis­ter­schafts­spiel gegen Rot-Weiss Essen mit Alex­an­der Klitz­pe­ra und dem für den Sport zustän­di­gen Auf­sichts­rats­mit­glied Tho­mas Deutz. „Wie schon zuvor kamen da kei­ne wirk­lich sub­stan­zi­el­len Din­ge zur Spra­che. Das blieb eher bei Pro­blem­chen. Zum Bei­spiel, wie vie­le Sprints man zwei Tage vor dem Spiel gemacht hat“, belä­chelt der beur­laub­te Sport­chef das Gespräch.

Die Pro­fis wol­len aller­dings sehr wohl deut­lich gemacht haben, dass das Team nicht mehr an den Plan des Trai­ners glau­be und dass man unter ihm nicht das wah­re Leis­tungs­ver­mö­gen aus­schöp­fen kön­ne. Ohne aller­dings das Resul­tat der Abstim­mung zu kom­mu­ni­zie­ren. Die­se eher diplo­ma­ti­sche Vor­ge­hens­wei­se wur­de von Tei­len der Spie­ler ange­sichts des kla­ren Mei­nungs­bil­des im Nach­hin­ein kri­ti­siert. Vor allem, als Alex­an­der Klitz­pe­ra spä­ter der Mann­schaft über­mit­tel­te, dass Chris­ti­an Ben­ben­n­eks nicht zur Dis­po­si­ti­on stün­de. Unge­ach­tet die­ses Bekennt­nis­ses des Ver­eins zum Trai­ner habe die­ser unmit­tel­bar vor dem West­schla­ger „die Ver­trau­ens­fra­ge gestellt. Ohne greif­ba­res Ergeb­nis“, stellt Klitz­pe­ra fest.

Allen schril­len Miss­tö­nen zum Trotz schwang sich die Alemannia zu einem 2:0‑Erfolg gegen den Erz­ri­va­len RWE auf, ging aber nur eine Woche spä­ter bei den Düs­sel­dor­fer Jung-For­tu­nen chan­cen­los 1:3 unter. Nach Abpfiff am Flin­ger Broich stell­ten sich ein­zel­ne Spie­ler auf­ge­brach­ten Anhän­gern und ver­such­ten, ihren Trai­ner aus der Schuss­li­nie zu neh­men. Der jedoch nahm sich die Mann­schaft vor und fahn­de­te nach Sün­den­bö­cken. Wäh­rend der übli­chen Video­ana­ly­se ging er auf Abwehr­chef Peter Hacken­berg und Außen­ver­tei­di­ger David Vrzo­gic los. Hacken­berg wur­de erst ein­mal aus der Start­for­ma­ti­on verbannt.

Das Deba­kel

Und wie­der folg­te auf eine desas­trö­se Vor­stel­lung ein alles in allem sou­ve­rä­ner Heim­sieg. Den SC Verl schick­te man mit 3:0 zurück ins Ost­west­fä­li­sche. Nur um am fol­gen­den Spiel­tag bei der Köl­ner Vik­to­ria in die Total­ka­ta­stro­phe zu schlit­tern. In Höhen­berg wur­den die Schwarz-Gel­ben 0:6 demon­tiert. Und gemes­sen an der Leis­tung der Tivo­li-Kicker fiel das Ergeb­nis nicht annä­hernd zu hoch aus. „Die­se Ach­ter­bahn­fahrt von Nie­der­la­ge zu Sieg zu Nie­der­la­ge hat uns am Ende alle zer­mürbt“, sagt Alex­an­der Klitz­pe­ra heute.

In Köln hat­te Ben­ben­nek erneut den etat­mä­ßi­gen Innen­ver­tei­di­ger Hacken­berg auf der Bank gelas­sen und mit Tim Lünen­bach sowie Tobi­as Mohr zwei Youngs­ter in die Schlacht gewor­fen. Lünen­bach stand zuvor erst ein­mal in der Start­elf und wur­de fünf­mal als Aus­wech­sel­spie­ler gebracht. Mohr hat­te bis dahin ins­ge­samt über­haupt erst 47 Spiel­mi­nu­ten absol­vie­ren dür­fen. „Aus­ge­rech­net die bei­den hat sich der Trai­ner zur Halb­zeit vor­ge­knöpft. Der hat die regel­recht fer­tig­ge­macht“, ent­sinnt sich ein Mannschaftskamerad.

Ohne Aus­sicht auf Rück­kehr straf­ver­setzt: Bas­ti­an Mül­ler
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Zwei­fel­los hat das Köl­ner Deba­kel „eine ganz neue Dyna­mik in die Geschich­te gebracht hat“, urteilt Ex-Sport­di­rek­tor Klitz­pe­ra im Nach­hin­ein. Der mel­de­te sich am 30. Novem­ber, also nur zwei Tage nach dem Köln-Desas­ter, in der Aache­ner Zei­tung zu Wort. Allen offen­sicht­li­chen Miss­stän­den und Miss­tö­nen zum Trotz und die öffent­li­che Mei­nung bei­na­he ver­höh­nend sprach er von einem intak­ten Ver­hält­nis zwi­schen Mann­schaft und Trai­ner. Gleich­zei­tig bekräf­tig­te er sein Ver­trau­en in Ben­ben­nek und des­sen Arbeit.

Heu­te ver­tei­digt die ehe­ma­li­ge Defen­siv­kraft ihr Vor­ge­hen: „Nach dem Köln-Spiel woll­te ich kei­ne vor­schnel­len Schuld­zu­wei­sun­gen und kei­nen hek­ti­schen Aktio­nis­mus in der Öffent­lich­keit ver­brei­ten. Des­halb habe ich in den Medi­en nicht vor­schnell Fak­ten geschaf­fen, son­dern woll­te zunächst ein­mal Ruhe in den Ver­ein bringen.“

Und auch der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de der Alemannia Aachen GmbH, Dr. Chris­ti­an Stein­born, stell­te klar, dass man nicht hek­tisch reagie­ren wer­de und am aus­ge­ge­be­nen Fahr­plan fest­hal­ten wol­le. Nach der Lek­tü­re des Arti­kels befürch­te­te die Mann­schaft, dass sich nichts bewe­gen wür­de. Auch weil sie arg­wöhn­te, dass die Din­ge, die sie gegen­über Klitz­pe­ra und Deutz deut­lich ange­spro­chen hat­te, gar nicht zu allen Mit­glie­dern des Gre­mi­ums durch­ge­drun­gen waren.

Ver­hand­lungs­ma­ra­thon

Alemannias Pro­fis fass­ten den Ent­schluss, die Ent­schei­dungs­trä­ger direkt anzu­spre­chen. Noch am Abend des 30. Novem­ber for­mu­lier­te man bis tief in die Nacht ein Papier, das man den Räten per­sön­lich erör­tern woll­te. Doch weni­ge Stun­den spä­ter mel­de­te sich Tho­mas Deutz über­ra­schend bei einem Füh­rungs­spie­ler und schlug ein erneu­tes Tref­fen vor. Obwohl die Mehr­heit skep­tisch war, beschlos­sen die Spie­ler, das Ange­bot anzu­neh­men und auf die direk­te Anspra­che des gesam­ten Auf­sichts­ra­tes erst ein­mal zu verzichten.

Das Tref­fen mit Abge­sand­ten des Kaders fand am Abend des 1. Dezem­ber, dem Diens­tag vor dem Pflicht­spiel gegen Lot­te, statt. Die Team­ver­tre­ter hät­ten erneut deut­lich gemacht, dass man kei­ne gemein­sa­me Zukunft mehr mit Chris­ti­an Ben­ben­nek sehen wür­de. Deutz bat Alex­an­der Klitz­pe­ra zu dem Gespräch hin­zu. Die­ser ver­si­cher­te, noch am kom­men­den Tag die Lage mit dem gesam­ten Auf­sichts­rat zu erör­tern und eine Ent­schei­dung herbeizuführen.

Und tat­säch­lich: Am Mitt­woch­nach­mit­tag über­brach­te der Ex-Sport­chef der auf­be­geh­ren­den Trup­pe eine Ent­schei­dung. Doch die fiel so ganz anders aus, als es die Spie­ler gedacht hat­ten: Ins­ge­samt sei­en sich die Kon­trol­leu­re zwar uneins gewe­sen. Doch am Ende hät­te eine Tren­nung von Chris­ti­an Ben­ben­nek nicht zur Dis­kus­si­on gestan­den. So die Bot­schaft aus dem Gremium.

Sämt­li­che Vor­stö­ße über Alex­an­der Klitz­pe­ra und Tho­mas Deutz hat­ten bis zu die­sem Tag zu kei­nem Resul­tat im Sin­ne der Mann­schaft geführt. Also beschloss die­se, ihren Plan, sich sel­ber direkt an den gesam­ten Auf­sichts­rat zu wen­den, nun tat­säch­lich umzu­set­zen. Sie hol­te das bereits for­mu­lier­te Grund­satz­pa­pier aus der Schub­la­de. In ihm waren sämt­li­che Vor­wür­fe und Kri­tik­punk­te auf­ge­lis­tet: vom psy­chi­schen Druck über ver­such­te Bespit­ze­lun­gen bis zu will­kür­li­chen Bestra­fun­gen und cho­le­ri­schen Ausfällen.

„Unter­schrie­ben war das Papier von allen Spie­lern mit Aus­nah­me von Taku Ito und Gil­les Deu­sings. Da haben wir auf deren Sprach­pro­ble­me Rück­sicht genommen.“

Ein Spie­ler der Alemannia

Ange­spro­chen wur­den dar­über hin­aus die man­geln­de Fit­ness des Teams, die unge­nü­gen­de Trai­nings­ge­stal­tung sowie die Amts­ent­he­bung des belieb­ten Tor­wart­trai­ners. „Unter­schrie­ben war das Papier von allen Spie­lern mit Aus­nah­me von Taku Ito und Gil­les Deu­sings. Da haben wir auf deren Sprach­pro­ble­me Rück­sicht genom­men“, beschreibt ein Spie­ler das Vorgehen.

Das Schrei­ben wur­de sämt­li­chen Auf­sichts­rats­mit­glie­dern mit Aus­nah­me Tho­mas Deutz’ am 3. Dezem­ber zuge­stellt. Eben­falls auf der Emp­fän­ger­lis­te stan­den die maß­geb­li­chen Her­ren des Ver­eins­prä­si­di­ums: Prä­si­dent Heinz Mau­bach und Schatz­meis­ter Horst Rei­mig. Die bei­den behiel­ten ihr Wis­sen anschei­nend für sich.

Jeden­falls infor­mier­ten sie den Ver­wal­tungs­rat – das Kon­troll­gre­mi­um des Ver­eins – nicht. Die Post ließ die Räte auf­schre­cken. Ihre Ver­tei­di­gungs­li­nie for­mu­lier­ten sie rasch. Ohne es zitier­fä­hig aus­zu­spre­chen, gelang es ihnen, den nach­hal­ti­gen Ein­druck zu ver­mit­teln, sie sei­en von der Ent­wick­lung völ­lig über­rascht worden.

Die Ent­schei­dung

Der 4. Dezem­ber, immer­hin der Frei­tag vor der Heim­be­geg­nung gegen den Spit­zen­rei­ter aus Lot­te, geriet zum Tag der Kri­sen­di­plo­ma­tie. Eine wirk­li­che Vor­be­rei­tung auf das Spiel fand nicht statt. So traf sich der fast kom­plet­te Auf­sichts­rat – Tim Ham­mer fehl­te wegen einer Fern­rei­se – mit den Ver­tre­tern des Pro­fi­ka­ders. Bei die­ser Gele­gen­heit beschwer­ten sich die Pro­fis, dass sie den Ein­druck hät­ten, hin­ge­hal­ten zu wer­den. Die Mann­schaft woll­te eine end­gül­ti­ge Lösung.

Am Ende reagier­te der Auf­sichts­rat. Er stell­te Chris­ti­an Ben­ben­nek frei. Die­se Ent­schei­dung soll­te nach dem Spiel gegen die Ost­west­fa­len bekannt­ge­ge­ben wer­den. Aber wie üblich in die­sem Geschäft sicker­te sie früh­zei­tig durch. Ben­ben­nek sel­ber teil­te dem Team sei­nen Abschied vor dem Anpfiff in der Kabi­ne mit.

Doch mit der Demis­si­on Chris­ti­an Ben­ben­n­eks soll­te die Ange­le­gen­heit noch nicht erle­digt sein. Für Alex­an­der Klitz­pe­ra stand fest, dass die Affä­re weit­rei­chen­de­re Kon­se­quen­zen haben muss­te. Des­halb hät­te er Vize­ka­pi­tän Peter Hacken­berg und den drit­ten Spiel­füh­rer Fre­de­ric Löhe ein­dring­lich auf­ge­for­dert, über einen offe­nen Brief auf die Fans zuzu­ge­hen und eini­ge Din­ge klar­zu­stel­len. „Die Mann­schaft hat das abge­lehnt. Offen­bar befürch­te­te sie, dass dies als Schuld­ein­ge­ständ­nis bewer­tet würde.“

Die Pro­fis bestä­ti­gen die­sen Vor­gang grund­sätz­lich. Aller­dings hät­te man von ihnen ver­langt, öffent­lich zuzu­ge­ben, dass sie sich grund­sätz­lich falsch ver­hal­ten hät­ten. „In die­ser Abso­lut­heit konn­ten wir das nicht tun. Fak­tisch wäre es dar­auf hin­aus­ge­lau­fen, dass nur wir am Pran­ger gestan­den hät­ten“, so einer der Protagonisten.

Hier­ar­chien aufbrechen

Die Ver­ant­wort­li­chen um Klitz­pe­ra und den Auf­sichts­rat hat­ten das Gefühl, die gewach­se­nen Struk­tu­ren im Team auf­bre­chen zu müs­sen, um eine ver­meint­li­che Ord­nung wie­der­her­stel­len zu kön­nen. „Wir woll­ten zur Win­ter­pau­se Men­ta­li­tät und Hier­ar­chie des Teams ver­än­dern. Des­halb haben wir nach reif­li­cher Ana­ly­se und Über­le­gung die dazu not­wen­di­gen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen getrof­fen“, bemüht sich der aus­ge­mus­ter­te Sport­chef erst­ma­lig um eine Begrün­dung für die Suspendierungen.

„Wir woll­ten zur Win­ter­pau­se Men­ta­li­tät und Hier­ar­chie des Teams ver­än­dern. Des­halb haben wir nach reif­li­cher Ana­ly­se und Über­le­gung die dazu not­wen­di­gen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen getroffen.“

Alex­an­der Klitz­pe­ra über die Ver­ban­nung drei­er Leis­tungs­trä­ger und angeb­li­cher Rädelsführer

Bis dato hat der Ver­ein beharr­lich geschwie­gen. Doch man gibt zu, dass die Ver­ban­nung Hacken­bergs und Löhes schwer ver­mit­tel­bar gewe­sen sei. Zu gut sei der Ruf der bei­den gewe­sen. Gal­ten sie doch aller­orts als groß­ar­ti­ge Sports­män­ner und vor­bild­li­che Pro­fis mit einer tadel­lo­sen Berufs­auf­fas­sung. Hoch ange­se­hen bei Kol­le­gen wie bei Offi­zi­el­len. Aktu­el­le wie ehe­ma­li­ge Kame­ra­den mel­de­ten sich spä­ter in aller Öffent­lich­keit zu Wort, um gewal­ti­ge Lan­zen für die bei­den zu bre­chen. So Mar­cus Hoff­mann, Den­nis Dowi­dat und Rapha­el Garcia.

Auch Rei­ner Plaß­hen­rich, bis Ende der ver­gan­ge­nen Sai­son Co-Trai­ner bei den Pro­fis, springt für sei­ne ehe­ma­li­gen Schütz­lin­ge in die Bre­sche: „Hacken­berg ist eigent­lich über jeden Zwei­fel erha­ben. Der ist auf und neben dem Platz ein Vor­bild. Löhe ist eben­falls ein her­aus­ra­gen­der Sports­mann, auch wenn er pola­ri­sie­ren mag. Außer­dem haben bei­de immer ihre Leis­tung gebracht und sich sogar kon­ti­nu­ier­lich stei­gern können.“

Es ist eine Iro­nie der Geschich­te, dass aus­ge­rech­net die Mann­schaft dabei half, die unbe­que­men Vor­den­ker los­zu­wer­den. Nach dem letz­ten Vor­run­den­spiel am Tivo­li hat­te sich die Trup­pe den übli­chen Gang zur Süd­tri­bü­ne demons­tra­tiv erspart. Sie fühl­te sich von den Fans miss­ver­stan­den und zu Unrecht beschimpft. Denn das Publi­kum hat­te die Trup­pe deut­lich mit Miss­fal­len bedacht. Klitz­pe­ra und ande­re Ver­ant­wort­li­che wol­len Hacken­berg und Löhe als die­je­ni­gen aus­ge­macht haben, die das Team gegen des­sen eige­ne Anhän­ger auf­ge­sta­chelt hätten.

Am 17. Dezem­ber wur­den Peter Hacken­berg, Fre­de­ric Löhe und zudem Bas­ti­an Mül­ler in die zwei­te Mann­schaft straf­ver­setzt. Mit der kla­ren Ansa­ge, dass eine Rück­kehr ins Pro­fi­team aus­ge­schlos­sen sei. Unbe­ant­wor­tet bleibt die Fra­ge, war­um man aus Grün­den eines Hier­ar­chie­um­baus zwar den zwei­ten und drit­ten Spiel­füh­rer aus­sor­tier­te, den Kapi­tän aber ver­schon­te. Unbe­ant­wor­tet bleibt aber vor allem die Fra­ge, war­um man den Trai­ner opfer­te, wenn doch die Mann­schaft nicht in der Spur lief. Oder war­um man über­all respek­tier­te Leis­tungs­trä­ger opfer­te, wenn der Trai­ner ein Miss­ver­ständ­nis war. Über­haupt bleibt eini­ges unbeantwortet.

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