Josef Von­hoe­gen

aka Jupp


Foto: Carl Brunn

3 Min. Lesezeit

Sie hat­ten ihren Ruf. Die Black Eagles. Anfang der 80 Jah­re. Okay, nicht unbe­dingt den einer Selbst­fin­dungs­grup­pe für gefühlsschwärmige Blu­men­kin­der. In ihrem Umfeld hät­te es schon mal unge­schlif­fe­ner zuge­hen kön­nen, erin­nert sich Josef Von­hoe­gen. Jupp, wie ihn alle Welt nennt, muss es wis­sen. Schließ­lich war er dabei, als der Fan­club im Som­mer 1979 im Haus Seve­nig in Maria­dorf gegründet wurde.

Foto: Carl Brunn

Und er ist es als inzwi­schen 60-jäh­ri­ger, drei­fa­cher Fami­li­en­va­ter immer noch. Jeder­zeit geschmacks­si­cher mit Fischer­hut und Black-Eagles-Kut­te. Stets genau­so fana­tisch, ner­vös und laut wie damals auf dem Würselener Wall. Nach wie vor bei nahe­zu jedem Spiel sei­ner Alemannia. Zuhau­se wie aus­wärts. Weil sich an sei­ner Bezie­hung zu dem Ver­ein auch wäh­rend der Rei­se die Ligen hin­ab rein gar nichts geän­dert hät­te. „Für mich spielt es kei­ne Rol­le, ob der Geg­ner SV Lipp­stadt oder 1. FC Köln heißt. Es geht allein um die Alemannia.“ Ver­än­dert aller­dings hät­ten sich die Rah­men­be­din­gun­gen. Vor allem dem alten Sta­di­on traue­re er hin­ter­her. Zum letz­ten Spiel auf dem ori­gi­na­len Tivo­li erschien er im schwar­zen Anzug.

Josef Von­hoe­gens schwarz-gel­be Sozia­li­sie­rung erfolg­te nicht tra­di­tio­nell durchs Eltern­haus. Son­dern durch einen Freund auf dem Hei­lig-Geist-Gym­na­si­um in Broich­wei­den. Von des­sen Schreib­map­pe hat­te ein Alemannia-Auf­kle­ber gestrahlt. Jupp, 14 Jah­re und laten­ter Bayern-München-Sympathisant, war neu­gie­rig. Was das wohl für ein Ver­ein sei, frag­te er. Als Ant­wort nahm ihn sein Kum­pel ein­fach mit zum Tivo­li. Das war an einem feucht-kal­ten Febru­ar­sams­tag des Jah­res 1977. Es ging vor etwa 10.000 Zuschau­ern gegen Zweit­li­ga­pri­mus FC St. Pau­li. Das Spiel ende­te 1:1. „Ich war sofort ange­fixt und blieb hän­gen“, erin­nert sich Jupp. Die Oma muss­te ihm dar­auf­hin mög­lichst rasch sei­nen ers­ten Schal stricken.

Bis zum Fan­club dau­er­te es dann ledig­lich zwei kur­ze Jah­re. Der wur­de zum Fix­punkt. Man traf sich zu den Spie­len und abseits der Alemannia. Im Kreis der Gleich­ge­sinn­ten ver­brach­te der Teen­ager den Groß­teil sei­ner Frei­zeit. Und stieß sich dabei auch das ein oder ande­re Horn ab. Er selbst hät­te nie Stress gesucht, sei bestimmt kein prügelwilder Hoo­li­gan gewe­sen. „Ein Engel war ich aller­dings auch nicht immer“, schiebt Jupp schmun­zelnd hinterher.

Denn wenn man mit dem Bus zu den Aus­wärts­spie­len fuhr, sei der Kon­takt zu geg­ne­ri­schen Fans ab und an nicht aus­ge­blie­ben. „Und klar, nach einem Spiel ging man schon mal auf die ande­re Sei­te, um zu sehen, was da so los war.“ Die 80er Jah­re sei­en im Fuß­ball eben eine ganz ande­re Zeit gewe­sen. Eine deut­lich wil­de­re. „Alles lief viel unkon­trol­lier­ter ab als heu­te. Da war ungleich mehr mög­lich, und ein Sta­di­on­be­such konn­te schnell brenz­lig wer­den. Kein Ver­gleich zu heu­te.“ So kann der Sozi­al­ver­si­che­rungs­kauf­mann über die jüngste Dis­kus­si­on um die Sicher­heits­la­ge am Tivo­li denn auch nur den Kopf schütteln.

Jupps Flash­back

„An einem Frei­tag­abend im Sep­tem­ber 1980 sind wir mit dem Bus zum Aus­wärts­spiel nach Lüdenscheid gefah­ren. Nach dem 3:1‑Sieg bei Rot-Weiß woll­ten wir nicht sofort zurück nach Aachen, son­dern vor Ort in eine Dis­ko­thek. Mit unse­rer kom­plet­ten Bus­la­dung und in unse­rer Auf­ma­chung hät­te das schwie­rig wer­den kön­nen. Also wur­de der­je­ni­ge vor­ge­schickt, der von uns noch am manier­lichs­ten aus­sah, wäh­rend sich der Rest des Hau­fens ums Eck ver­steckt hielt. Als der Türsteher unse­rem Spä­her die Tür öff­ne­te, ist der kom­plet­te Mob joh­lend in das Eta­blis­se­ment gestürmt. Obwohl das recht harm­los ablief, war unser Besuch lei­der nur von überschaubarer Dau­er. Die Poli­zei war rasend schnell drin und wir wie­der draußen.“

Für Josef Von­hoe­gen waren die schwar­zen Adler jedoch immer mehr als nur ein 90-minütiges Fuß­ball­aben­teu­er. „Es ent­stan­den Freund­schaf­ten, die bis heu­te hal­ten. Und das über inzwi­schen mehr als 40 Jah­re hin­weg“, stellt er nicht ohne ein wenig Rührung in der Stim­me fest. Die­se Freund­schaf­ten haben sogar das zwi­schen­zeit­li­che Aus des Fan­clubs überdauert. Das kam schlei­chend, bis es irgend­wann endgültig vor­bei war. „Es lief irgend­wie aus­ein­an­der. Doch ein har­ter Kern traf sich auch wei­ter­hin zu den Spie­len und darüber hin­aus. Nur eben nicht orga­ni­sie­ret. Also haben wir uns eines Tages gesagt, dass wir die Eagles eben­so leicht wie­der­be­le­ben könn­ten“, so Jupp.

Gesagt, getan: Im März 2015 setz­te man sich dort zusam­men, wo alles sei­nen Anfang genom­men hat­te: im Haus Seve­nig in Maria­dorf. Seit­dem sind die Black Eagles wie­der im Sta­di­on als Black Eagles prä­sent. Alle etwas grau­er gewor­den, fal­ti­ger im Gesicht viel­leicht, und wohl nicht mehr ganz so vul­ka­nisch. Doch wie es sich gehört: mit neu­en Kut­ten und neu­er Fahne.

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Als wir die ersten Buchstaben tippten, um unsere fixe Idee eines Alemannia-Magazins in die Tat umzusetzen, spielte Henri Heeren noch in Schwarz-Gelb. Jupp Ivanovic machte drei Buden am Millerntor und trotzdem träumte niemand von Bundesliga oder Europapokal. Das ist lange her. In der Zwischenzeit waren wir mit dem TSV ganz oben. Wir sind mit ihm ziemlich unten. Aufgehört haben wir unterwegs irgendwie nie. Neue Ausgaben kamen mal in größeren, mal in kleineren Abständen. Und jetzt schreiben wir halt auch noch das Internet voll.

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