Josef Von­hoe­gen

aka Jupp


Foto: Carl Brunn

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Sie hat­ten ihren Ruf. Die Black Eagles. Anfang der 80 Jah­re. Okay, nicht unbe­dingt den einer Selbst­fin­dungs­grup­pe für gefühlsschwärmige Blu­men­kin­der. In ihrem Umfeld hät­te es schon mal unge­schlif­fe­ner zuge­hen kön­nen, erin­nert sich Josef Von­hoe­gen. Jupp, wie ihn alle Welt nennt, muss es wis­sen. Schließ­lich war er dabei, als der Fan­club im Som­mer 1979 im Haus Seve­nig in Maria­dorf gegründet wurde.

Foto: Carl Brunn

Und er ist es als inzwi­schen 60-jäh­ri­ger, drei­fa­cher Fami­li­en­va­ter immer noch. Jeder­zeit geschmacks­si­cher mit Fischer­hut und Black-Eagles-Kut­te. Stets genau­so fana­tisch, ner­vös und laut wie damals auf dem Würselener Wall. Nach wie vor bei nahe­zu jedem Spiel sei­ner Alemannia. Zuhau­se wie aus­wärts. Weil sich an sei­ner Bezie­hung zu dem Ver­ein auch wäh­rend der Rei­se die Ligen hin­ab rein gar nichts geän­dert hät­te. „Für mich spielt es kei­ne Rol­le, ob der Geg­ner SV Lipp­stadt oder 1. FC Köln heißt. Es geht allein um die Alemannia.“ Ver­än­dert aller­dings hät­ten sich die Rah­men­be­din­gun­gen. Vor allem dem alten Sta­di­on traue­re er hin­ter­her. Zum letz­ten Spiel auf dem ori­gi­na­len Tivo­li erschien er im schwar­zen Anzug.

Josef Von­hoe­gens schwarz-gel­be Sozia­li­sie­rung erfolg­te nicht tra­di­tio­nell durchs Eltern­haus. Son­dern durch einen Freund auf dem Hei­lig-Geist-Gym­na­si­um in Broich­wei­den. Von des­sen Schreib­map­pe hat­te ein Alemannia-Auf­kle­ber gestrahlt. Jupp, 14 Jah­re und laten­ter Bayern-München-Sympathisant, war neu­gie­rig. Was das wohl für ein Ver­ein sei, frag­te er. Als Ant­wort nahm ihn sein Kum­pel ein­fach mit zum Tivo­li. Das war an einem feucht-kal­ten Febru­ar­sams­tag des Jah­res 1977. Es ging vor etwa 10.000 Zuschau­ern gegen Zweit­li­ga­pri­mus FC St. Pau­li. Das Spiel ende­te 1:1. „Ich war sofort ange­fixt und blieb hän­gen“, erin­nert sich Jupp. Die Oma muss­te ihm dar­auf­hin mög­lichst rasch sei­nen ers­ten Schal stricken.

Bis zum Fan­club dau­er­te es dann ledig­lich zwei kur­ze Jah­re. Der wur­de zum Fix­punkt. Man traf sich zu den Spie­len und abseits der Alemannia. Im Kreis der Gleich­ge­sinn­ten ver­brach­te der Teen­ager den Groß­teil sei­ner Frei­zeit. Und stieß sich dabei auch das ein oder ande­re Horn ab. Er selbst hät­te nie Stress gesucht, sei bestimmt kein prügelwilder Hoo­li­gan gewe­sen. „Ein Engel war ich aller­dings auch nicht immer“, schiebt Jupp schmun­zelnd hinterher.

Denn wenn man mit dem Bus zu den Aus­wärts­spie­len fuhr, sei der Kon­takt zu geg­ne­ri­schen Fans ab und an nicht aus­ge­blie­ben. „Und klar, nach einem Spiel ging man schon mal auf die ande­re Sei­te, um zu sehen, was da so los war.“ Die 80er Jah­re sei­en im Fuß­ball eben eine ganz ande­re Zeit gewe­sen. Eine deut­lich wil­de­re. „Alles lief viel unkon­trol­lier­ter ab als heu­te. Da war ungleich mehr mög­lich, und ein Sta­di­on­be­such konn­te schnell brenz­lig wer­den. Kein Ver­gleich zu heu­te.“ So kann der Sozi­al­ver­si­che­rungs­kauf­mann über die jüngste Dis­kus­si­on um die Sicher­heits­la­ge am Tivo­li denn auch nur den Kopf schütteln.

Jupps Flash­back

„An einem Frei­tag­abend im Sep­tem­ber 1980 sind wir mit dem Bus zum Aus­wärts­spiel nach Lüdenscheid gefah­ren. Nach dem 3:1‑Sieg bei Rot-Weiß woll­ten wir nicht sofort zurück nach Aachen, son­dern vor Ort in eine Dis­ko­thek. Mit unse­rer kom­plet­ten Bus­la­dung und in unse­rer Auf­ma­chung hät­te das schwie­rig wer­den kön­nen. Also wur­de der­je­ni­ge vor­ge­schickt, der von uns noch am manier­lichs­ten aus­sah, wäh­rend sich der Rest des Hau­fens ums Eck ver­steckt hielt. Als der Türsteher unse­rem Spä­her die Tür öff­ne­te, ist der kom­plet­te Mob joh­lend in das Eta­blis­se­ment gestürmt. Obwohl das recht harm­los ablief, war unser Besuch lei­der nur von überschaubarer Dau­er. Die Poli­zei war rasend schnell drin und wir wie­der draußen.“

Für Josef Von­hoe­gen waren die schwar­zen Adler jedoch immer mehr als nur ein 90-minütiges Fuß­ball­aben­teu­er. „Es ent­stan­den Freund­schaf­ten, die bis heu­te hal­ten. Und das über inzwi­schen mehr als 40 Jah­re hin­weg“, stellt er nicht ohne ein wenig Rührung in der Stim­me fest. Die­se Freund­schaf­ten haben sogar das zwi­schen­zeit­li­che Aus des Fan­clubs überdauert. Das kam schlei­chend, bis es irgend­wann endgültig vor­bei war. „Es lief irgend­wie aus­ein­an­der. Doch ein har­ter Kern traf sich auch wei­ter­hin zu den Spie­len und darüber hin­aus. Nur eben nicht orga­ni­sie­ret. Also haben wir uns eines Tages gesagt, dass wir die Eagles eben­so leicht wie­der­be­le­ben könn­ten“, so Jupp.

Gesagt, getan: Im März 2015 setz­te man sich dort zusam­men, wo alles sei­nen Anfang genom­men hat­te: im Haus Seve­nig in Maria­dorf. Seit­dem sind die Black Eagles wie­der im Sta­di­on als Black Eagles prä­sent. Alle etwas grau­er gewor­den, fal­ti­ger im Gesicht viel­leicht, und wohl nicht mehr ganz so vul­ka­nisch. Doch wie es sich gehört: mit neu­en Kut­ten und neu­er Fahne.

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