„Spitzenreiter, Spitzenreiter!“, schallte es aus dem Gästeblock am Mainzer Bruchweg. 2.500 Aachener waren aus dem Häuschen. Mit Sascha Röslers Tor war nicht nur in kürzester Zeit ein 0:1 in einen Vorsprung gedreht worden. Der für alle inklusive Mainz-Keeper Wache überraschende Knaller von ziemlich weit links draußen hatte die Alemannia auf die höchste Platzierung geschossen, die man im deutschen Fußball innehaben kann: Bundesliga-Tabellenführer – für die Schwarz-Gelben das erste Mal seit August 1968. Da sollte nochmal jemand behaupten, dass es Unglück bringt, wenn der 13. eines Monats auf einen Freitag fällt.
Dieser Freitag jedenfalls war ein durch und durch glücklich machender Tag, auch wenn man im Stadion selbst nicht immer alles mitbekam. Der Gästebereich war bis an seine Belastungsgrenze gefüllt. Vom Anpfiff weg wogten die Alemannia-Fans Schulter an Schulter durch den dadurch nicht mehr ganz so kühlen Herbstabend. Ständig war der Kopf eines Vorder- oder Nebenmannes im Blickfeld. Zaun, Netze und eine relativ blinde Plexiglasscheibe am Ende des Blocks taten ihr Übriges.
Manch einem musste erzählt werden, dass Thomas Stehle den kurz zuvor kassierten Gegentreffer ausgeglichen hatte. Röslers Tor war auch nicht für alle sichtbar, was aber niemanden kratzte. Längst hatte sich der Mob in Stimmung geschwungen: „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“
In der zweiten Halbzeit spielte die Alemannia auf das Tor im unmittelbaren Blickfeld ihrer Anhänger. Aus der Ferne war nur vage zu erkennen, dass sich Nico Herzig und Moses Sichone dem Mainzer Sturmlauf auf den Ausgleich mit aller Entschlossenheit entgegenwarfen. Auf der sichtbaren Seite des Feldes wurde derweil jeder Konter frenetisch bejubelt. Als einer von ihnen das 3:1 durch Ebbers und damit die Vorentscheidung brachte, brachen alle Dämme.
„… aber et Spiel is schön!“
Alles kugelte durcheinander. Was vorher noch einigermaßen geordnet ablief, war plötzlich nur noch wunderschönes Chaos. In diesen Momenten ließ ein hörbar Sturzbetrunkener inmitten des Gewoges und Gewabers seiner Freude freien Lauf: „Alter! Ich seh nix, aber et Spiel is schön!“ Wurden die basalen Freuden einer Auswärtsfahrt je besser auf den Punkt gebracht?!
Die Tabellenführung hielt satte 19 Stunden. Als alle Mannschaften den siebten Spieltag der Saison 2006/07 hinter sich gebracht hatten, stand die Alemannia auf Platz 4. Und am Ende der Saison … ach, egal! An diesem Freitag, den 13. Oktober, war alles einfach gut. Inklusive der Begrüßung am Aachener Hauptbahnhof.