Es ist schwierig, über Wilhelm „Willi“ Bergstein zu schreiben, ohne irgendwann in den Konjunktiv abzudriften. Was wäre gewesen, hätte sein Körper den Belastungen des Sports länger standgehalten? Wie wäre die Karriere des Alemanniastürmers weiter verlaufen, hätten die Knie mitgemacht? Was hätte er aus seinen „Jahren im besten Fußballeralter“ gemacht, wäre die Laufbahn nicht schon mit 27 vorbei gewesen? Am Ende solcher Gedankenspiele lohnt es sich trotzdem, schlicht bei den Fakten zu bleiben. Die sind auch schon beeindruckend genug.
Fünf Spielzeiten lang hat der Striker aus Baesweiler bei der Alemannia unter Vertrag gestanden, nachdem er sich in der Verbandsliga Mittelrhein einen Ruf als Topstürmer erballert hatte. Etwa die Hälfte dieser Zeit hat er verletzungsbedingt kaum spielen können. Während der übrigen zweieinhalb Saisons jedoch hat er immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, was für ein unglaubliches Naturtalent er vor des Gegners Tor war.
Bis heute rangiert Willi Bergstein auf Platz 9 der ewigen Alemannia-Torschützenliste – mit 66 Toren in nur 87 Spielen. Seine Zahlen der Spielzeiten 1960/61 (25 Tore in 24 Spielen) und 1961/62 (20 Tore in 28 Spielen) belegen in der Kategorie „Meiste Tore in einer Saison“ ebenfalls Top-Ten-Plätze. Und Bergsteins Torriecher war nicht nur ein reines Oberliga-Phänomen. Auch bei seinen Einsätzen in der deutschen U23-Nationalmannschaft netzte er in schöner Regelmäßigkeit ein; vorzugsweise mehrfach pro Partie.
Wer ihn in den frühen 60er-Jahren spielen und vor allem treffen gesehen hat, erzählt auch in der Gegenwart noch zungeschnalzend von seinem Willen, seiner Durchsetzungskraft und dieser Gabe, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Zeitgenössische Zeitungsberichte lesen sich wie das große Einmaleins des Einnetzens. Kopfball von der Strafraumkante, Zwanzig-Meter-Kracher, Alleingang von der Mittellinie, Abstauber: Der „Seeler des Westens“, wie ihn Sportjournalisten getauft hatten, versenkte den Ball in allen erdenklichen Varianten.
Die technische Perfektion habe ihm gefehlt, hat Bergstein einmal auf die Frage nach seiner größten Schwäche geantwortet. Was wäre wohl gewesen, hätte er sich die auch noch angeeignet? Ach, lass gut sein, Konjunktiv.
Wie die Alemannia nun bekanntgab, ist Willi Bergstein am 8. Dezember im Alter von 83 Jahren in seiner Heimat Baesweiler verstorben. Bis es sein gesundheitlicher Zustand nicht mehr zuließ, war er bei zufälligen Begegnungen immer für ein gutes Gespräch über den Fußball und die Alemannia zu haben.