Man­fred Bresser

aka Manni


Foto: Carl Brunn

4 Min. Lesezeit

„Die Schnaps­idee“, wie sich Man­fred Bres­ser erin­nert, kam ihnen im Hin­ter­zim­mer eines Kios­kes in der Vik­to­ria­stra­ße. Robert Jacobs, Peter Wit­te­schuss, Clau­dia Press, Alex Weih­rauch, Mar­kus Buck, der vor mehr als zwei Jah­ren ver­stor­be­ne Laden­be­sit­zer Ulrich „Ulze“ Hun­dert­mark sowie Bres­ser selbst schwa­dro­nier­ten regel­mä­ßig über die Stär­kung der Posi­ti­on der Fans gegenüber dem Ver­ein. Wie auch immer das gesche­hen sollte.

Das war 1993. Wäh­rend trost­lo­ser Zei­ten, in denen die ver­leb­te Alemannia in dritt­klas­si­gen Nie­de­run­gen vor sich hin­ve­ge­tier­te. Wäh­rend sich ihr Umfeld der Apa­thie anheim zu geben schien. All die­sen mis­ti­gen Vor­zei­chen zum Trotz erwuchs aus der Büdchenlaune eine für eine kur­ze Etap­pe sehr schlag­kräf­ti­ge und ein­fluss­rei­che Inter­es­sen­ver­tre­tung. Und Man­fred Bres­ser enga­gier­te sich rund vier Jah­re lang bis 2002 als einer ihrer Sprecher.

Viel ist seit­dem pas­siert: Bres­ser, der beken­nen­de und akti­ve Kar­ne­va­list, ist inzwi­schen 57 und seit 20 Jah­ren Vater eines Soh­nes. Sein „zwei­tes Wohn­zim­mer“ exis­tiert nicht mehr. Sei­ne „gro­ße Lie­be“ hat den Rol­ler Coas­ter vom Hades in den Olymp und schnur­stracks wie­der zurück genom­men. Mit einer Wagen­la­dung Dra­ma, Tra­gik, Aber­witz und Rausch im Gepäck, die für drei Fan­le­ben rei­chen würde. Die Fan-IG in ihrer dama­li­gen Form hat abge­wirt­schaf­tet. Man­fred Bres­ser ist geblieben.

Foto: Carl Brunn

Man sieht ihn immer noch bei nun wirk­lich jedem Heim­spiel und den meis­ten Aus­wärts­kicks. Und er lebt wei­ter­hin sozu­sa­gen in Hör­wei­te zum Tivo­li. Aus der er sich Zeit sei­nes Lebens auch nicht ent­fernt hat. Auf­ge­wach­sen in der Karo­lin­ger­stra­ße, wohn­te er eini­ge Jah­re in der Roland­stra­ße und ist seit 12 Jah­ren zurück im Haus sei­ner Jugend.

Die­ser Tuchfühlung zum Epi­zen­trum Öcher Toll­hei­ten war es geschul­det, dass Man­fred Bres­ser sich der Alemannia hin­ge­ge­ben hat. „Ich habe den gan­zen Tru­bel und die­se Auf­ge­regt­heit ja von klein auf haut­nah mit­be­kom­men. Als Kind wirst Du dann halt neu­gie­rig und willst genau wis­sen, was da los ist“, denkt er zurück. Also mar­schier­te er eines Tages los und erklomm den Aache­ner Wall. Ganz allei­ne. Im zar­ten Alter von elf Jahren.

„Ich muss­te qua­si ja nur über die Stra­ße. Und umsonst rein kam ich sowie­so.“ Es war das drit­te Heim­spiel der Spiel­zeit 76/​77, dem drit­ten Lebens­jahr der Zwei­ten Liga Nord. Der Geg­ner hieß West­fa­lia Her­ne. Mit etwa 6.000 Zuschau­ern war das Spek­ta­kel­ka­li­ber leid­lich. Und doch war Klein-Man­ni ange­fixt und wie­der­hol­te sei­nen Aus­flug in das neue Land der Verheißung.

Aller­dings begriff er ganz schnell, dass die eigent­li­che Bühne des schwarz-gel­ben Aben­teu­ers der gegenüberliegende Würselener Wall war. Also wech­sel­te der Stepp­ke ein knap­pes Jahr spä­ter dort­hin und fand sich im spä­te­ren M‑Block wie­der. Erneut allei­ne. „Aber mit der Zeit lern­te ich den ein oder ande­ren ken­nen, zum Bei­spiel von den Aache­ner Löwen. In jedem Fall fühlte ich mich gar nicht fremd oder ver­lo­ren“, erzählt Bresser.

Peu à peu freun­de­te er sich mit Gleich­ge­sinn­ten an. „Zum Bei­spiel mit Micha­el Jülich und Dirk Krzo­s­ka. Wir sind dann jah­re­lang zu dritt zur Alemannia gegan­gen.“ Jah­re spä­ter, da war er schon 21, kam der 2018 ver­stor­be­ne Axel Lünemann vom Fan­club Schwarz-Gelb 81 auf ihn zu. Ob er nicht mit­ma­chen wol­le. Bres­ser zöger­te nicht lan­ge. „Klar woll­te ich. Die Jungs waren genau mei­ne Kra­gen­wei­te. Anders als bei­spiels­wei­se die Löwen.“ Denn die drit­te Halb­zeit hät­te ihn nie gereizt. „Laut und def­tig durf­te es sein. Die Kis­te Bier bei Aus­wärts­tou­ren war obli­ga­to­risch. Doch Kra­wall war nie mein Ding.“

Bei Schwarz-Gelb sei er auf Brüder im Geis­te gesto­ßen. „Typen wie Axel, Robert Jacobs oder Tho­mas von The­nen.“ Bres­ser ist dem rührigen Fan-Club, der nun schon mehr als 40 Jah­re aktiv ist, bis heu­te treu geblie­ben. „Die Jungs gehö­ren für mich zu mei­nem Alemannia-Leben dazu. Das kann man gar nicht von­ein­an­der trennen.“

Man­nis Flashback

„Mein Sohn ist eigent­lich ein Kind der Alemannia. Und Schuld hat der Ver­ein auch noch. Ende März 2000 stand das Heim­spiel gegen den VfL Bochum auf dem Pro­gramm. Und mei­ne gute Freun­din Stef­fi Imhoff hat­te kei­ne Kar­te mehr für die Roll­stuhl­plät­ze bekom­men. So etwas war ihr noch nie pas­siert. Sie frag­te mich, ob ich nicht etwas machen könn­te. Dank mei­ner Arbeit bei der Fan-IG kann­te ich den Ein oder Ande­ren und rief bei Hans-Gerd Klos­ter­mann an, der damals kauf­män­ni­scher Geschäftsführer der Alemannia war. Der konn­te mir zwar auch kei­ne Rol­li-Kar­te mehr geben, sorg­te aber dafür, dass Stef­fi ein Ticket für die alte Sitzplatztribüne bekam. Am Spiel­tag kam sie dann mit ihrer Freun­din Hei­ke zum Tivo­li. Ich fuhr Stef­fi dann mit dem Rol­li am Spiel­feld ent­lang zur Sitztribüne. Dort hal­fen wir ihr die Stu­fen hoch, und ich ver­stau­te ihren Roll­stuhl in der IG-Bude auf dem Vor­platz. Nach dem Spiel ging es auf dem glei­chen Weg zurück. Die­se Hei­ke war von der Akti­on der­art begeis­tert, dass sie sich mit mir anfreun­de­te. Drei Mona­te spä­ter waren wir ein Paar. Nach weni­ger als zwei Jah­ren stan­den wir vor dem Stan­des­be­am­ten. Da war unser Sohn Achim schon unterwegs.“

Hat sich in all den Jahr­zenten in sei­ner Bezie­hung zum Tivo­li-Club etwas ver­än­dert? Man­fred Bres­ser ist sich da nicht ganz so sicher. „Die Ver­bun­den­heit zum Ver­ein und die Lei­den­schaft sind im Lau­fe der Zeit sogar noch stär­ker gewor­den. Ver­än­dert hat sich der Blick­win­kel, vor allem auf­grund der Tätig­keit in der IG.“ Das Nai­ve oder Unbe­darf­te sei ver­lo­ren gegan­gen. „Aber ich hat­te nie­mals das Gefühl ‚So, jetzt gehe ich nicht mehr hin. Das war’s.‘ Unab­hän­gig davon, was mal wie­der schief­ge­lau­fen ist.“

Spürbar ver­än­dert hät­te sich aller­dings der ein­mal ein­zig­ar­ti­ge Alemannia-Stil. Etwas, das Bres­ser mit dem nun auch schon nicht mehr ganz so neu­en Sta­di­on ver­bin­det. „In der alten Hütte wären die Ultras nie­mals solch ein The­ma gewor­den. Das Sta­di­on hat­te alle ver­eint. Sol­che Din­ge wie Mega­fon oder Dau­er­ge­sang gab’s da nicht“.

Den­noch ist Bres­ser weit davon ent­fernt, die Ultra-Kul­tur zu ver­dam­men. „Ich fin­de weiß Gott nicht alles toll, was die machen. Weil ich es anders gelernt habe und anders ticke.“ Man müsse jedoch auch akzep­tie­ren, dass sich Zei­ten nun mal ändern würden. Am Ende würden die genau­so für die Alemannia bren­nen wie die Alten es täten. „Und mit den Zei­ten ändern sich nun mal auch die Gewohn­hei­ten. Ob wir das wol­len oder nicht.“

Vorheriger Beitrag

Alemannias Jahr 2022: Nicht normal!

Nächster Beitrag

Au Lü

Sozia­le Aachener

Pratsch ins Postfach

Trag Dich ein, um von uns hin und wieder mit Neuigkeiten versorgt zu werden.

Mails kommen häufiger als unsere Hefte, aber garantiert nicht so, dass es nerven würde. Wir senden auch keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Insta­gram

Über den Pratsch

Als wir die ersten Buchstaben tippten, um unsere fixe Idee eines Alemannia-Magazins in die Tat umzusetzen, spielte Henri Heeren noch in Schwarz-Gelb. Jupp Ivanovic machte drei Buden am Millerntor und trotzdem träumte niemand von Bundesliga oder Europapokal. Das ist lange her. In der Zwischenzeit waren wir mit dem TSV ganz oben. Wir sind mit ihm ziemlich unten. Aufgehört haben wir unterwegs irgendwie nie. Neue Ausgaben kamen mal in größeren, mal in kleineren Abständen. Und jetzt schreiben wir halt auch noch das Internet voll.

Letz­te Ausgabe