Tage des Donners

Mäßige sportliche Darbietungen und ein vermeintlicher Spieleraufstand im vergangenen Herbst. Was ist da los, Alemannia?

9 Minuten Lesezeit

Die Unzu­frie­den­heit mit den bis­he­ri­gen Dar­bie­tun­gen der Alemannia und damit zwangs­läu­fig auch mit Trai­ner Ste­fan Voll­mer­hau­sen ist allent­hal­ben zu spü­ren. Und dank eines ver­meint­li­chen Spie­ler­auf­stan­des gegen den Coach bekam das Gan­ze eine zusätz­li­che Bri­sanz. Also haben wir uns auf Spu­ren­su­che bege­ben und gespro­chen. Mit etli­chen Betei­lig­ten auf allen Sei­ten. Unter ande­rem mit Spie­lern, mit der sport­li­chen Lei­tung, mit Gre­mi­kern. Wir haben Aus­sa­gen ver­gli­chen, hin­ter­fragt und querg­e­checkt. Am Ende des Tages ergibt sich ein Bild, das dem bis­her kol­por­tier­ten nicht ent­spricht. Dass eini­ge unse­rer Gesprächs­part­ner zwar bereit­wil­lig Aus­kunft ertei­len, aber anonym blei­ben wol­len und müs­sen, ist verständlich.

Mit 16 Toren die nied­rigs­te Tref­fer­quo­te der Liga. Seit Novem­ber 2020 in 13 Spie­len ledig­lich acht geschos­se­ne Tore. Im glei­chen Zeit­raum nur gegen die Zweit­ver­tre­tung des 1. FC Köln ein nen­nens­wer­tes Chan­cen­plus. Spiel­idee, Kon­zept und Sys­tem schwer­lich erkenn­bar. Dass bei Alemannia Aachen auf dem Platz etwas im Argen liegt, fällt jedem auf, der die Spie­ler der Kai­ser­städ­ter am mehr oder weni­ger wacke­li­gen Stream verfolgt.

Ent­spre­chend fal­len die Kom­men­ta­re auf den ein­schlä­gi­gen Platt­for­men aus. „Unan­sehn­lich“, plan­los“, „destruk­tiv“ oder „unin­spi­riert“ lesen sich die freund­li­che­ren Zustands­be­schrei­bun­gen. Glaubt man dem geneig­ten Publi­kum, spie­len die Schwarz-Gel­ben einen unge­pfleg­ten Zufallsfußball.

Trai­ner Ste­fan Voll­mer­hau­sen sieht die Defi­zi­te, will die­se Urtei­le aller­dings rela­ti­viert wis­sen: „Sicher war bis­her gera­de offen­siv Luft nach oben. Aber das lag weni­ger am Her­aus­spie­len von Tor­chan­cen, son­dern vor allem an deren Ver­wer­tung. Und manch­mal ist eben auch ein Null zu Null ein Erfolg. Zum Bei­spiel, wenn man in Röding­hau­sen mit dem aller­letz­ten Auf­ge­bot antre­ten muss.“

Ste­fan Voll­mer­hau­sen
Foto: Carl Brunn

Dar­über hin­aus führt der 48-Jäh­ri­ge die schlech­ten Rah­men­be­din­gun­gen ins Feld. „Die Platz­ver­hält­nis­se waren eher sub­op­ti­mal. Da war gegen Rot-Weiß Ahlen ein auch nur ansatz­wei­se ver­nünf­ti­ges Spiel gar nicht mög­lich.“ Hin­zu kämen die vie­len ver­letz­ten Stammkräfte.

Auch sein Chef, Sport­di­rek­tor Tho­mas Hen­gen, betrach­tet die Lage dif­fe­ren­zier­ter. Er bestrei­tet nicht, dass man sich mehr erwar­tet hät­te. Doch vie­les hät­te sich auch bes­tens ent­wi­ckelt. „Unse­re defen­si­ve Sta­bi­li­tät ist her­aus­ra­gend. 14 Gegen­to­re in 20 Spie­len. Bes­ser geht es kaum. Und unterm Strich feh­len eigent­lich nicht vie­le Punk­te. Ange­sichts der Umstän­de unter denen wir arbei­ten müs­sen, wäre eine etwas wohl­wol­len­de­re Betrach­tung nicht verkehrt.“

Unte­res Regionalliganiveau?

Der Groß­teil der Mann­schaft hin­ge­gen dia­gnos­ti­ziert ein grund­sätz­li­che­res Pro­blem. Man will die Trai­nings­ge­stal­tung und tak­ti­sche Her­an­ge­hens­wei­se als einen ent­schei­den­den Grund für die sport­li­che Mise­re aus­ge­macht haben. Schon in der Sai­son­vor­be­rei­tung sei etwas in die fal­sche Rich­tung gelau­fen. „Das Trai­ning war von Beginn an mono­ton und varia­ti­ons­arm. Es gab kei­ne ver­nünf­ti­ge Steue­rung“, klagt einer der Pro­fis. The­men wie Spiel­idee und Sys­tem fän­den kaum statt. Bis heu­te wür­den die Ein­hei­ten pro­fes­sio­nel­len Maß­stä­ben schwer­lich stand­hal­ten. So übe man unter­schied­li­che Spiel­si­tua­tio­nen sowie einen varia­blen Spiel­auf­bau wenig ein. Was all das angeht sei man auf einem unte­ren Regionalliganiveau.

Mal hät­te die Trup­pe zu hören bekom­men, dass Fuß­ball spie­len hier nicht gefragt sei. Mal, dass Offen­si­ve eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le spie­le und Absi­che­rung befoh­len sei. Mal, dass man die Sech­ser nicht anspie­len sol­le, weil die es nicht könn­ten und der Tor­wart des­halb lang zu spie­len habe. Von sol­cher Qua­li­tät sei­en die tak­ti­schen Anwei­sun­gen. „Ent­spre­chend ein­di­men­sio­nal und leicht les­bar ist unser Spiel“, fällt einer der kicken­den Ange­stell­ten sein eige­nes Urteil.

„Auf dem Papier ver­fü­gen wir über eine hohe fuß­bal­le­ri­sche Qua­li­tät. Spiel­in­tel­li­genz, spie­le­ri­sches Ver­mö­gen und tak­ti­sches Ver­ständ­nis sind top. Lei­der schafft es der Trai­ner nicht, die­se Poten­zia­le aus­zu­schöp­fen. Das wirkt sich auf Spiel­auf­bau, Umschalt­spiel und das Kre­ieren von Chan­cen aus“, so einer der Pro­fis. Um dem zu ent­rin­nen, hät­te man zu Beginn noch ver­sucht, sei­ne Vor­stel­lung auf dem Platz in Eigen­re­gie umzu­set­zen „Doch da wur­de man an der Sei­ten­li­nie prompt ziem­lich fieb­rig.“ Ande­rer­seits kön­ne man auf dem Platz nicht auf Dau­er gegen die Vor­stel­lun­gen des Chefs arbei­ten. So etwas wür­de im Sport nicht funktionieren.

Auch die unge­wöhn­lich hohe Zahl der Mus­kel­ver­let­zun­gen habe weni­ger mit der Pan­de­mie­si­tua­ti­on zu tun. Schließ­lich sei Aachen nicht der ein­zi­ge Ver­ein, der unter sol­chen Bedin­gun­gen spie­len müs­se. Viel­mehr wäre eine unzu­rei­chen­den Belas­tungs­steue­rung ein Grund. Hin­zu käme ein weit­ge­hen­der Ver­zicht auf ein kon­ti­nu­ier­li­ches Ath­le­tik­trai­ning und vor­han­de­nes Equip­ment, wie das Polar­sys­tem. „Die Exper­ti­se unse­res wirk­lich guten Ath­le­tik­coa­ches scheint nicht son­der­lich gefragt zu sein. Jeden­falls wird der unse­rer Mei­nung nach nicht adäquat eingebunden.“

„Es gibt immer Spie­ler, die zu Beginn irri­tiert sind.“

Ste­fan Vollmerhausen

Bereits nach dem desas­trö­sen Mit­tel­rhein­po­kal­fi­na­le gegen Düren hät­te der Coach den Unmut inner­halb der Grup­pe gespürt. Denn der habe sei­ne Mann­schaft drei Tage nach dem Spiel kol­lek­tiv gewarnt, es nicht zu „Schwin­gun­gen“ gegen ihn kom­men zu las­sen. Doch vor allem die fach­li­chen The­men hät­ten das Bin­nen­kli­ma immer stär­ker belas­tet. Und bei­lei­be nicht die Beschwer­den über einen angeb­lich all­zu rau­en Umgangs­ton. „Sicher gab es schwer erträg­li­che Pöbe­lei­en gegen ein­zel­ne Spie­ler. Aber das darf man nicht zu hoch hän­gen“, ver­deut­licht ein Aktiver.

Umso mehr ärge­re es die Betei­lig­ten, dass man gegen­über der Öffent­lich­keit die Beschwer­den des Kaders auf die­se The­ma­tik redu­zie­ren wür­de. „Wahr­schein­lich will man uns auf die­se Wei­se dis­kre­di­tie­ren. Das emp­fin­den wir als höchst unfair.“

Ste­fan Voll­mer­hau­sen ver­steht das nicht. „Es ging nie um fach­li­che Inhal­te. Wir machen alle zusam­men ein gutes Trai­ning. Aber wenn ein neu­er Coach auf Spie­ler stößt, die über eine lan­ge Zeit gewis­se Abläu­fe gewohnt waren, braucht es halt alles sei­ne Zeit. Vor allem, wenn ein gere­gel­ter Trai­nings­ab­lauf, wie unter Pan­de­mie­be­din­gun­gen, sehr schwer durch­führ­bar ist.“

Tho­mas Hen­gen will das The­ma end­gül­tig ad acta gelegt wis­sen. „Ich spre­che nicht über Inter­na. Was in der Kabi­ne bespro­chen wird, bleibt in der Kabi­ne. Das ist man dem Ver­ein schul­dig. Denn kei­ner darf sich über die Inter­es­sen des Clubs stel­len. Kein Spie­ler, kein Trai­ner, kein Sport­di­rek­tor, kein Funktionär.“

In der Mann­schaft ärgert man sich zudem über die von der Aache­ner Zei­tung ver­öf­fent­lich­te Behaup­tung des Sport­di­rek­tors, dass man erst am 2. Novem­ber von Vor­wür­fen gegen­über dem Trai­ner erfah­ren hät­te. Dass vor­her nie­mand auf die sport­li­che Lei­tung zuge­kom­men sei. Voll­mer­hau­sen bestä­tigt das: „Vor Novem­ber gab es kei­ne Anzei­chen für Unzu­frie­den­heit. Kei­ner hat mich angesprochen.“

„Das stimmt nicht“, kon­tert ein Betei­lig­ter. Zum Bei­spiel hät­ten ein­zel­ne Spie­ler unmit­tel­bar nach dem zwei­ten Sai­son­spiel, das bei Rot-Weiß Ahlen nur dank eines Sonn­tags­tref­fers durch Vin­cent Boe­sen gewon­nen wer­den konn­te, das Gespräch gesucht. Und dann noch­mals Ende Sep­tem­ber im Rah­men einer Bespre­chung der bei­den Kapi­tä­ne mit Trai­ner Ste­fan Voll­mer­hau­sen, Co-Trai­ner Kris­to­fer Ander­sen, Sport­di­rek­tor Tho­mas Hen­gen und dem Assis­ten­ten der sport­li­chen Lei­tung, Jörg Laufenberg.

„Zu Kutsch zu gehen, war ein Fehler.“

Spie­ler

Rund drei Mona­te nach Trai­nings­auf­takt hat­te der Groß­teil des Kaders jeden­falls genug. Man sah kei­ne Basis mehr für eine erfolg­rei­che Zusam­men­ar­beit. Doch was tun? Tho­mas Hen­gen fiel als Ansprech­part­ner aus. Das Ver­trau­en zum Sport­di­rek­tor war hin­rei­chend gestört. „Sport­chef und Coach wur­den zuneh­mend zu einer Ein­heit. Die spra­chen wie eine Per­son. Einen unvor­ein­ge­nom­me­nen Aus­tausch mit uns gab es nicht.“ Zum Auf­sichts­rat wie­der­um hat­te man kei­nen Draht. Rats­boss Mar­tin Fröh­lich sei für die Akti­ven unsicht­bar gewe­sen. In die­ser Situa­ti­on erin­ner­te man sich an Hel­mut Kutsch. Der Bau­un­ter­neh­mer ist Haupt­spon­sor der Alemannia, war ein­mal Auf­sichts­rats­mit­glied und ist bes­tens ver­netzt. Und er war eini­gen Spie­lern gut bekannt. Für die Woche vom 26. Okto­ber bis 1. Novem­ber arran­gier­te man einen Gesprächstermin.

Drei Mit­glie­der des Kaders setz­ten sich im Auf­trag eines Groß­teils der Mann­schaft mit Kutsch zusam­men. „Nicht gera­de unse­re bril­lan­tes­te Idee. Im Nach­hin­ein war’s ein Feh­ler. Uns hät­te klar sein müs­sen, wel­che Dyna­mik die Sache damit bekom­men wür­de. Aber uns fiel zu die­sem Zeit­punkt nichts Bes­se­res ein“, blickt einer der Akti­ven zurück.

Kutsch war nach eige­nem Bekun­den „ent­setzt und auf­ge­bracht“. Er gab den Spie­lern den Rat, sich an Auf­sichts­rat Dirk Kall zu wen­den. Das Auf­sichts­rats­mit­glied ver­ste­he schließ­lich etwas von dem Geschäft. Die­sen Vor­schlag nahm man auf. Am Sonn­tag, den 1. Novem­ber erhielt Kall einen Anruf von Mann­schafts­ka­pi­tän Alex­an­der Hein­ze. Doch auch der ehe­ma­li­ge Vor­stands­chef von For­tu­na Düs­sel­dorf muss­te pas­sen. „Ich konn­te ohne die Ein­be­zie­hung des gesam­ten Gre­mi­ums nicht han­deln. So etwas muss man als Team regeln.“

Außer­dem warn­te er, dass eine Mann­schaft weder Trai­ner noch Sport­di­rek­tor ent­las­sen kön­ne. Statt­des­sen appel­lier­te der Funk­tio­när an die Akti­ven, noch ein­mal das Gespräch mit Tho­mas Hen­gen zu suchen und sich dann gege­be­nen­falls an Auf­sichts­rats­chef Mar­tin Fröh­lich zu wenden.

18 von 21

Schon einen Tag spä­ter kam es zum Show­down. Voll­mer­hau­sen befand sich zu die­ser Zeit in Coro­na beding­ter Qua­ran­tä­ne. Vor dem Trai­ning am 2. Novem­ber, einem Mon­tag, setz­te sich die Mann­schaft zusam­men, um über die Situa­ti­on zu spre­chen. Es sei ver­ein­bart wor­den, dass die­je­ni­gen, die mas­si­ve Beden­ken an einer wei­te­ren Zusam­men­ar­beit mit dem Coach gehabt hät­ten, in der Kabi­ne blei­ben soll­ten. Alle ande­ren soll­ten den Raum verlassen.

Tho­mas Hen­gen
Foto: Carl Brunn

Von 21 anwe­sen­den Spie­lern sei­en 18 geblie­ben und hät­ten Tho­mas Hen­gen zur Rede gestellt. Der hät­te im Nach­gang immer wie­der kol­por­tiert, dass es sich nur um ‚eini­ge Spie­ler‘ gehan­delt hät­te. „Bei 18 von 21 ist das wohl etwas geschönt“, belä­chelt einer aus der Grup­pe die offi­zi­el­le Dar­stel­lung. In jedem Fall hät­te Hen­gen sich alles ange­hört und sei dann wort­los aus der Kabi­ne gestürmt.

Eine Reak­ti­on sei dann am fol­gen­den Tag erfolgt. Der Sport­chef hät­te eine Wut­re­de gegen­über der gesam­ten Mann­schaft gehal­ten, ohne sich mit den inhalt­li­chen Gesichts­punk­ten aus­ein­an­der set­zen zu wol­len. Statt­des­sen hät­te er sich vehe­ment dar­über beschwert, dass man sich an Dirk Kall gewandt hatte.

Frei­tags dar­auf, es war der 6. Novem­ber, trat Hen­gen erneut vor die kicken­den Ange­stell­ten. Die­ses Mal mit Inte­rims­ge­schäfts­füh­rer Hans-Peter Lip­ka an der Sei­te. Der Sport­di­rek­tor hät­te unmiss­ver­ständ­lich klar gemacht, dass an Ste­fan Voll­mer­hau­sen nicht zu rüt­teln sei und man unver­rück­bar zum Trai­ner ste­hen wür­de. „Das war so etwas wie ein Bas­ta-State­ment“, zeigt sich einer der Anwe­sen­den noch heu­te fas­sungs­los. Nach dem Trai­ning kam es zu einem erneu­ten Gespräch. Die­ses Mal mit Hen­gen, Lip­ka und dem Mann­schafts­rat. Weil man danach das Gefühl gehabt hät­te, dass eine objek­ti­ve Auf­ar­bei­tung durch den Sport­di­rek­tor nicht mehr mög­lich gewe­sen wäre, ergriff man den letz­ten Stroh­halm. Am 7. Novem­ber kon­tak­tier­te Mann­schafts­ka­pi­tän Alex­an­der Hein­ze im Auf­trag eines Groß­teils des Teams Prä­si­dent und Auf­sichts­rats­chef Mar­tin Fröhlich.

Als Hein­ze nach dem Tele­fo­nat vor sei­ne Kol­le­gen trat, hat­te er nichts Beru­hi­gen­des zu berich­ten. Einer der Spie­ler erin­nert sich: „Mar­tin Fröh­lich hat anschei­nend äußerst unge­hal­ten reagiert.“ Auf die Bit­te um einen Ter­min des Mann­schafts­ra­tes mit dem Auf­sichts­rat sei der Club­boss nicht ein­ge­gan­gen. Der hät­te jeg­li­che Ein­mi­schung abge­lehnt. Man sol­le das mit Hen­gen klä­ren. Mit dem Argu­ment, dass der sich sel­ber als unvor­ein­ge­nom­me­ner Ver­mitt­ler aus dem Spiel genom­men hät­te, sei man bei Fröh­lich nicht durchgedrungen.

„Ich habe mir die Vor­gän­ge rund um die Klitz­pe­ra-Ben­ben­nek-Affä­re noch­mals sehr genau ange­guckt. In der Eigen­dy­na­mik waren damals am Ende Spie­ler, Trai­ner, Sport­di­rek­tor und Sport­vor­stand von Bord. Dar­aus habe ich gelernt, dass man Struk­tu­ren nut­zen muss. Und wir haben bestimmt kei­ne pro­fes­sio­nel­len Struk­tu­ren geschaf­fen, um die­se bei der erst bes­ten Gele­gen­heit wie­der über den Hau­fen zu wer­fen. Wenn eine Mann­schaft ein Pro­blem mit dem Trai­ner hat, ist bei uns der Sport­di­rek­tor die ein­zig rich­ti­ge Adres­se“, argu­men­tiert der Jurist. Bei Coach Voll­mer­hau­sen stößt er damit auf offe­ne Ohren. „Man kann ande­rer Mei­nung sein. Man muss die­se auch äußern dür­fen. Aber man darf nicht Struk­tu­ren verletzen.“

„Der Auf­sichts­rat hät­te sich zur Ver­fü­gung stel­len müssen.“

Dirk Kall

Um der Affä­re die Spit­ze zu neh­men, kapri­zie­ren sich die Ent­schei­dungs­trä­ger bis heu­te dar­auf, das Nar­ra­tiv der sport­li­chen Lei­tung zu streu­en: Man hät­te es ledig­lich mit ein­zel­nen beque­men Pro­fis zu tun, die man aus ihrer Kom­fort­zo­ne geris­sen hät­te. Die auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen nach der fach­li­chen Qua­li­tät wer­den unter­schla­gen. Ein­zig Dirk Kall hat da so sei­ne Zwei­fel: „Das ist nicht sau­ber gelau­fen. Da gab es zwei Fron­ten mit zwei Sicht­wei­sen. Auf der einen Sei­te der Groß­teil der Mann­schaft. Auf der ande­ren die sport­lich Ver­ant­wort­li­chen. Die Wahr­heit liegt bei so etwas oft in der Mit­te. Also hät­te sich der Auf­sichts­rat als Media­tor und Ver­mitt­ler unbe­dingt zur Ver­fü­gung stel­len müs­sen, anstatt die Lösung des Pro­blems einer der bei­den Par­tei­en zu über­las­sen. Das wird weder dem Team gerecht noch Ste­fan Voll­mer­hau­sen und Tho­mas Hen­gen.“ Kall konn­te sich mit sei­ner Mei­nung nicht durchsetzen.

Die schwarz-gel­be Trup­pe jeden­falls hat trotz des mona­te­lan­gen zer­mür­ben­den Strei­tens um eine bes­se­re Trai­nings- und Spiel­qua­li­tät in sei­nem Enga­ge­ment nie nach­ge­las­sen. Hat sich nicht dazu ver­lei­ten las­sen, gegen den Trai­ner anzu­spie­len. Bereit­schaft und Ein­satz­wil­le stan­den immer außer Zwei­fel. Etwas, das auch Chef­auf­se­her Fröh­lich hono­riert: „Die Jungs haben sich nie hän­gen gelas­sen und jeder­zeit alles gege­ben. Die Mann­schaft hat Charakter.“

Neu­er Unter­grund für ein bes­se­res Spiel
Foto: Carl Brunn

Für Ste­fan Voll­mer­hau­sen und Tho­mas Hen­gen ist die Affä­re sowie­so vom Tisch. „Feh­ler macht jeder. Und ich bin nicht der nach­tra­gen­de Typ“, sagt der Trai­ner. Sein Sport­di­rek­tor ergänzt: „Wir haben mit den Spie­lern alles auf­be­rei­tet. Es gab im Novem­ber eine klei­ne Del­le. Aber die ist Schnee von ges­tern. Wir bli­cken nach vorne.“

In der Mann­schaft stößt die­se Ein­schät­zung auf Unver­ständ­nis. „Eine ech­te Auf­ar­bei­tung mit dem gesam­ten Team fand nicht statt. Ja, es gab Ein­zel­ge­sprä­che. Aber dass man kol­lek­tiv ver­sucht hät­te, sich mit unse­rer Kri­tik aus­ein­an­der­zu­set­zen, kön­nen wir nicht bestä­ti­gen“, so ein Akteur. „Aller­dings muss man fai­rer­wei­se auch fest­stel­len, dass sich seit dem Crash an der einen und ande­ren Stel­le etwas bewegt hat. Klei­nig­kei­ten in der Trai­nings­ge­stal­tung. Aber auch im Ton der Anspra­chen“, räumt ein Spie­ler ein.

Ste­fan Voll­mer­hau­sen ist sich sicher: „Wir haben zu Beginn viel­leicht etwas gebraucht, um uns zu fin­den. Aber wir haben das in die rich­ti­gen Bah­nen len­ken können.“

„Jetzt beginnt die Sai­son richtig.“

Tho­mas Hengen

Viel­leicht hat der Trai­ner ja recht, wenn er meint, dass bes­se­re Zei­ten in Sicht sei­en. „Mit den jüngs­ten Ver­pflich­tun­gen haben wir der Mann­schaft an genau den rich­ti­gen Stel­len einen Qua­li­täts­schub ver­passt. Ich bin mir sicher, dass wir künf­tig eine Alemannia sehen, die spie­le­risch mehr über­zeugt und Tore schießt.“ Tho­mas Hen­gen for­mu­liert es zuge­spitz­ter: „Jetzt beginnt die Sai­son rich­tig. Denn wir haben im Lau­fe der ver­gan­ge­nen Wochen die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen, den sport­li­chen Ansprü­chen Alemannia Aachens voll­ends gerecht zu wer­den. Alle sind in der Bring­schuld: Mann­schaft, Trai­ner, das Umfeld und ich.“

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