Auf dem Spielfeld war er berühmt für seine kompromisslose Härte. Seine sportlichen Erfolge und seine Vereinstreue machten Reinhold Münzenberg zu einem der bedeutendsten Träger der schwarz-gelben Tradition. Am 25. Januar 2009 wäre der Mittelfeld-Mythos 100 Jahre alt geworden.
Als Alemannia 1974 vor dem Konkurs stand, fand sich niemand, der in dieser schwierigen Lage das Amt des Vereinspräsidenten übernehmen wollte. Also musste ein Mann in die Bresche springen, der es sich nie hätte träumen lassen, diesen Posten einmal zu übernehmen: Reinhold Münzenberg. Aus Pflichtgefühl stellte sich das Fußballidol aus alten Tagen, das sich in der Rolle des Funktionärs nie richtig wohlfühlte, für zwei Jahre ans Ruder des schlingernden Vereinsschiffes, um den leckgeschlagenen Kahn wieder flott zu bekommen. Denn Münzenberg war kein Mann, der sich vor Verantwortung drückte, wenn es um seine Alemannia ging.
Seine Karriere begann der gebürtige Walheimer beim „FC Lousberg“, einer Mannschaft aus Nachbarsjungen, die auf der abschüssigen Kardinalstraße mit den Rivalen aus den anderen Vierteln der Stadt heiße Derbys austrug. Da der kleine Reinhold am Rolandplatz wohnte, war es nur folgerichtig, dass er sich der Alemannia anschloss, dem fußballerischen Aushängeschild der Stadt, das nur einen Steinwurf von der elterlichen Wohnung entfernt seine Spielstätte hatte. Im Frühjahr 1926 durfte er im zarten Alter von 17 Jahren zum ersten Mal für die „Erste“ die Stiefel schnüren. Mitten im Abstiegskampf, was die Sache nicht unbedingt einfacher machte. Mal probierte er sich im Sturm, mal in der Verteidigung. Doch wo man ihn auch immer hinstellen mochte: Überall brachte der junge Mann gute Leistungen. Seine endgültige Position fand er schließlich im Mittelfeld, wo er seine größten Erfolge feierte.
Zum Leidwesen der Schiedsrichter war es mit der Disziplin des jungen Wilden nicht immer zum Besten bestellt. Aufgrund seiner weder Freund noch Feind und am allerwenigsten die eigene Person schonenden Spielweisen flog der Heißsporn häufiger vom Platz, als ihm lieb war. Im Januar 1928 wurde er vom eigenen Verein für drei Wochen gesperrt, „weil er zu einem Wettspiel ohne Entschuldigung gefehlt hat“, wie die Vereinszeitung meldete. Sein Ehrgeiz verhinderte, dass sich solche Eskapaden häuften. Bald war er aus der ersten Mannschaft gar nicht mehr wegzudenken. Seine raue Spielweise trug ihm den Spitznamen „Eiserner Reinhold“ ein, je nach Trikotfarbe Zuversicht oder Schrecken verbreitend. Schon bald wurde man höheren Ortes auf das Talent des jungen Aacheners aufmerksam. Im Alter von 21 Jahren gab er 1930 als erster Alemanne sein Debüt in der deutschen Nationalelf. Daheim, an der Krefelder Straße, platzte man förmlich vor Stolz: „Es gibt im Westen nur einen Mittelläufer, und der heißt Münzenberg“, stellte die Vereinspostille 1932 unmissverständlich fest.
Ein Eigentor in dem politisch höchst brisanten Nachbarschaftsduell gegen Frankreich sollte Münzenberg jedoch den schlimmsten Moment seiner Karriere bereiten. Den Stammplatz in der Nationalelf war er erst einmal los. Obwohl in der Form seines Lebens, wurde er drei Jahre nicht mehr berufen. Erst zum kleinen Finale der Weltmeisterschaft 1934 in Italien kehrte er zurück ins Team, das er mit einer überragenden Leistung zu einem 3:2‑Sieg über Österreich führte. Dieser dritte Platz blieb der größte Erfolg seiner sportlichen Laufbahn, die nun ihren Zenit erreichte. In der Saison 1937/38 qualifizierte sich die Alemannia unter seiner Führung als Mittelrheinmeister erstmals für die Endrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft, schied jedoch in der Vorrunde aus.
Nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg, an dem er als Flaksoldat teilgenommen hatte, widmete sich der 41-fache Nationalspieler mit großem Eifer dem Wiederaufbau seines Heimatvereins, wo er seine sportliche Karriere mit 46 Spielen in der Oberliga ausklingen ließ. In Würdigung seiner Verdienste hat man ihn einmal völlig zu Recht als einen jener Männer bezeichnet, die sich durch Erfolg im Sport und vor allem auch durch ihre Vereinstreue ein Denkmal gesetzt, die sich nicht als Konjunkturritter, sondern als echte Alemannen erwiesen hätten. Es sind Typen wie Reinhold Münzenberg, Typen mit Ecken und Kanten, die mit jeder Grätsche, mit jedem Klumpen Tivoli-Dreck, das an ihnen haften blieb, die Tradition der Alemannia und den Ruf des Tivoli begründeten. Wie es scheint, sind deren Fußstapfen zu groß, als dass sie künftig noch einmal jemand vollständig ausfüllen könnte.