„Für Auf­stiegs­am­bi­tio­nen benötigt man min­des­tens 1,8 bis 2,2 Mil­lio­nen Euro.“

„Perspektivisch“ ist der wohl am häufigsten genannte Begriff, wenn Sportdirektor Helge Hohl über seine Arbeit am Tivoli spricht. Immer wieder betonen er und Geschäftsführer Sascha Eller die Mittelfristigkeit ihrer Pläne. Mit dem bestehenden Sportetat bleibt ihnen auch keine andere Wahl.
Foto: Carl Brunn

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Herr Hohl, Sie haben in sehr jun­gen Jah­ren den Wech­sel von der Trai­ner­bank an den Schreib­tisch des Sport­di­rek­tors voll­zo­gen. Bereu­en Sie den Schritt inzwi­schen, weil Sie das Fuß­bal­le­ri­sche dann doch mehr reizt?

Hel­ge Hohl: Nein, über­haupt nicht. Im Gegen­teil. Ich gehe in der neu­en Auf­ga­be völ­lig auf. Weil der Gestal­tungs­rah­men ein ganz ande­rer ist. Als Sport­di­rek­tor prägt nicht nur das Heu­te des Trai­nings oder eines Spiels mei­ne Arbeit. Ich darf jetzt per­spek­ti­vi­scher pla­nen und deut­lich stra­te­gi­scher vor­ge­hen. Es reizt mich unge­mein, ein lang­fris­tig ange­leg­tes Pro­jekt zu verfolgen.

Ver­mis­sen Sie denn nicht sol­che Din­ge wie die Trai­nings­ge­stal­tung oder die unmit­tel­ba­re Arbeit mit den Spielern?

Hel­ge Hohl: Ehr­lich gesagt, hät­te ich selbst nicht gedacht, dass mir die Abna­be­lung der­art leicht fällt. Aber ich ver­mis­se die­se Din­ge der Trai­nings­ar­beit bis­her gar nicht. Doch für mich lässt sich die Arbeit eines Sport­di­rek­tors nicht auf einen rei­nen Büro­job redu­zie­ren. Wenn es die Zeit erlaubt, ver­fol­ge ich immer ger­ne die Trai­nings­ein­hei­ten. Als inter­es­sier­ter Beobachter.

„Wir haben uns bei der Kader­pla­nung nicht von den Emo­tio­nen des Sai­son­fi­na­les lei­ten lassen.“

Sport­di­rek­tor Hel­ge Hohl

Sie haben Ihre ers­te Kader­pla­nung jetzt hin­ter sich. Wie haben Sie die­se gestal­tet? Wer hat den Bedarf defi­niert, hat ent­spre­chen­de Kan­di­da­ten iden­ti­fi­ziert und hat dann die Ver­hand­lun­gen geführt? Geschah das in enger Abstim­mung mit Fuat Kilic?

Hel­ge Hohl: Das war und ist ein Mit­ein­an­der. Im Rah­men der Sai­son­ana­ly­se haben wir gemein­sam über den Kader gespro­chen und ihn mit unse­ren Ideen von der künf­ti­gen Aus­rich­tung abge­gli­chen. Mit dem Ziel her­aus­zu­ar­bei­ten, wel­che Spie­ler­ty­pen und Qua­li­tä­ten uns noch feh­len. Das haben wir sach­lich erle­digt, ohne uns von den Emo­tio­nen des Sai­son­fi­na­les lei­ten zu las­sen. Es waren gute Dis­kus­sio­nen, die in einem funk­tio­nie­ren­den Team auch ein­mal kon­tro­vers ver­lau­fen kön­nen, wenn sie ein gemein­sa­mes Ziel ver­fol­gen. Als der Plan dann stand, hat jeder sei­ne bestehen­den Netz­wer­ke ein­ge­bracht, um geeig­ne­te Kan­di­da­ten zu iden­ti­fi­zie­ren. Auch Sascha Eller und Jörg Lau­fen­berg waren dar­an beteiligt.

Sascha Eller: Aber die ent­schei­den­den Gesprä­che und die schluss­end­li­chen Ver­hand­lun­gen mit dem Spie­ler oder dem Bera­ter hat Hel­ge in kom­plet­ter Eigen­re­gie geführt. Da hat ihm kei­ner reingeredet.

Sport­di­rek­tor Hel­ge Hohl
Foto: Carl Brunn

Wel­che Prio­ri­tä­ten haben Sie bei der Kader­pla­nung verfolgt?

Hel­ge Hohl: Aus­gangs­punkt aller Über­le­gun­gen war das Gerüst von elf Spie­lern mit noch lau­fen­den Ver­trä­gen. Prio­ri­tät hat­ten die Ver­län­ge­run­gen mit Alex­an­der Hein­ze, Fran­ko Uzelac sowie Tim Kor­zu­schek. Eben­so war uns die Wei­ter­be­schäf­ti­gung von Fred­dy Baum ein Anlie­gen. Zudem hät­ten wir ger­ne Ham­di Dah­ma­ni und Selim Gündüz wei­ter an den Ver­ein gebun­den. Bei den bei­den Letzt­ge­nann­ten hat es finan­zi­ell lei­der nicht gepasst. Aber so etwas ist nor­mal in die­sem Geschäft. Dar­auf muss man vor­be­rei­tet sein. Und das waren wir.

Und wel­che Defi­zi­te haben Sie ausgemacht?

Hel­ge Hohl: Wir waren uns einig, dass der Kader einer­seits spie­le­risch-tech­nisch und ande­rer­seits in Punk­to Tem­po ver­bes­sert wer­den muss­te. Gleich­zei­tig woll­ten wir mehr unter­schied­li­che Spie­ler­ty­pen haben als es in der Ver­gan­gen­heit der Fall war. Das spie­le­ri­sche Niveau heben zum Bei­spiel Pepi­jn Schlös­ser, David Sau­er­land und Juli­an Schwer­mann. Mit Felix Heim und Elsa­med Ramaj gewin­nen wir Tem­po hin­zu. Und mit Exau­cé Andzoua­na haben wir ein Plus an Robustheit.

Das hört sich so an, als ob die Kader­qua­li­tät deut­lich ange­ho­ben wer­den konnte.

Sascha Eller: Ja, wir haben an Kader­qua­li­tät gewon­nen. Wir sind gut auf­ge­stellt. Vor allem aber haben wir eine Mann­schaft, die auch ein Team ist. Man ver­steht sich unter­ein­an­der und kann sich unter­ein­an­der motivieren.

Hel­ge Hohl: Ich den­ke, dass wir ins­ge­samt signi­fi­kant fle­xi­bler aus­ge­rich­tet sind als bis­her. Wir sind nicht an eine bestimm­te For­ma­ti­on gebun­den, son­dern kön­nen sehr gut vari­ie­ren. Und das wol­len wir nut­zen. Aber es gibt über die fuß­bal­le­ri­schen Qua­li­tä­ten und das Preis-Leis­tungs­ver­hält­nis hin­aus vie­le wei­te­re Para­me­ter, die uns wich­tig sind, einem Außen­ste­hen­den jedoch so erst ein­mal nicht klar sind. Für uns spie­len der Cha­rak­ter, die Team­fä­hig­keit, die Ver­let­zungs­his­to­rie und durch­aus auch der regio­na­le Bezug eine wich­ti­ge Rolle.

Sascha Eller: Und last but not least müs­sen die Spie­ler stark genug sein, um mit dem beson­de­ren Umfeld in Aachen zurecht­kom­men zu können.

Wor­auf spie­len Sie da an?

Sascha Eller: Na ja, das Sta­di­on, die Fan­ba­sis, die Anzahl der Zuschau­er, die Emo­tio­nen und auch Anspruch sowie die Erwar­tungs­hal­tung. All das ken­nen die meis­ten Regio­nal­li­ga­spie­ler so nicht. Also benö­ti­gen wir Jungs, die damit umge­hen kön­nen und die sich dadurch eher moti­vie­ren als ein­schüch­tern las­sen. Wir haben also auch bewusst Spie­ler gescou­tet, die das schon erlebt haben. Bei­spiels­wei­se in Essen und Offenbach.

Mit Dimit­ry Imbon­go haben Sie Ihren Wunsch­spie­ler nun ver­pflich­tet. Ist der Kader damit kom­plett oder legen Sie noch­mals nach?

Hel­ge Hohl: Mit die­ser Ver­pflich­tung ist unse­re Pla­nung zunächst abge­schlos­sen. Aller­dings ist es im Fuß­ball, wie wir wis­sen, schwie­rig, fina­le Aus­sa­gen zu täti­gen. Wir hof­fen, dass wir wei­ter­hin kei­ne lang­wie­rig Ver­letz­ten zu bekla­gen haben, und gehen im Moment nicht davon aus, dass uns Kor­sett­stan­gen des Kaders ver­las­sen wer­den. Wir haben gro­ßes Ver­trau­en in den nun kom­plet­tier­ten Kader und gehen, sofern nichts Außer­ge­wöhn­li­ches bis zum Ende der Trans­fer­pe­ri­ode pas­siert, mit einem guten Gefühl in die Saison.

Nun haben Sie grund­sätz­lich nur Ein­jah­res­ver­trä­ge abge­schlos­sen. Birgt das nicht die Gefahr, dass Sie zu Beginn der über­nächs­ten Sai­son erneut vor einem gro­ßen Umbruch stehen?

Sascha Eller: Man kann es so oder so sehen. In der jet­zi­gen Situa­ti­on sind Ver­trä­ge mit einer kür­ze­ren Lauf­zeit für uns bes­ser plan­bar. Län­ger­fris­ti­ge Ver­trä­ge kön­nen ein gewis­ses Risi­ko bedeu­ten. Beson­ders, wenn man, wie wir, nicht der­art auf Rosen gebet­tet ist, dass man even­tu­el­le Rück­schlä­ge nicht ein­fach so ver­kraf­ten kann. Unser Ziel muss es sein eine Mann­schaft zu ent­wi­ckeln, die die Men­schen begeis­tern und die­se dann län­ger­fris­tig an die­sen tol­len Ver­ein bin­den kann.

„Die Ver­gan­gen­heit hat uns gelehrt, wie schnell man auf­grund län­ger­fris­ti­ger Ver­trä­ge viel Geld in den Sand set­zen kann.“

Hel­ge Hohl

Oder Spie­ler die hier gut ein­schla­gen wecken an ande­ren Orten Begehr­lich­kei­ten und sind nach einem Jahr wie­der weg.

Hel­ge Hohl: Man muss die Lauf­zeit der Ver­trä­ge in der Tat sehr dif­fe­ren­ziert betrach­ten. Bei einem Spie­ler, der bereits bewie­sen hat, dass er in unse­rem Umfeld funk­tio­niert und eine wich­ti­ge Stüt­ze des Teams ist, kann man mei­nes Erach­tens sehr wohl über eine län­ger­fris­ti­ge Bin­dung nach­den­ken. Bei einem neu­en Spie­ler ist das etwas Ande­res. Da müs­sen wir vor dem Hin­ter­grund unse­rer finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten vor­sich­ti­ger agie­ren. Die jüngs­te Ver­gan­gen­heit hat uns doch gelehrt, wie schnell man auf­grund län­ger­fris­ti­ger Ver­trä­ge viel Geld in den Sand set­zen kann. Und zu guter Letzt gibt es ja auch Spie­ler, die selbst­be­wusst genug sind, um sich per­spek­ti­visch in einer ande­ren Liga zu ver­or­ten und sich des­halb zunächst ein­mal nicht län­ger bin­den wol­len. Wenn man Spie­ler mit der Qua­li­tät zum Bei­spiel eines Tim Kor­zu­scheks unbe­dingt hal­ten möch­te, könn­te das unter der Bedin­gung eines Zwei­jah­res­kon­trak­tes kom­pli­ziert werden.

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Der kon­ti­nu­ier­li­chen Ent­wick­lung einer Mann­schaft ist das aber eher abträglich.

Hel­ge Hohl: Das stellt uns sicher­lich vor gewis­se Her­aus­for­de­run­gen. Wie bereits beschrie­ben hat eine sol­che Her­an­ge­hens­wei­se jedoch auch Vor­tei­le. Ins­ge­samt wol­len wir vor­aus­schau­en­der und per­spek­ti­vi­scher arbei­ten. Hier­zu gehört auch, dass wir früh­zei­ti­ger als bis­her auf die betref­fen­den Spie­ler zuge­hen und über eine etwa­ige Ver­län­ge­rung spre­chen werden.

Früh­zei­tig heißt wann?

Hel­ge Hohl: Dies lässt sich lei­der nicht auf einen bestimm­ten Zeit­punkt fest­le­gen, son­dern hängt von vie­len unter­schied­li­chen Fak­to­ren und Vor­aus­set­zun­gen ab. Hier­zu zäh­len neben der sport­li­chen Ent­wick­lung eines Spie­lers natür­lich auch die Rah­men­be­din­gun­gen, wie Pla­nungs­si­cher­heit in punc­to Liga­zu­ge­hö­rig­keit und Etat. Mit ande­ren Wor­ten: Wir wol­len uns sport­lich und struk­tu­rell in die Lage brin­gen, per­spek­ti­visch und vor­aus­schau­end arbei­ten zu kön­nen. Je erfolg­rei­cher wir sport­lich sind, umso ein­fa­cher wird es, früh in der lau­fen­den Sai­son die Wei­chen für die Zukunft zu stellen.

„Am Ende wol­len wir auf einem ein­stel­li­gen Tabel­len­platz landen.“

Hel­ge Hohl

Was trau­en Sie die­sem Kader zu? Wel­che Rol­le kann er in einer Liga spie­len, die nach Mei­nung etli­cher Exper­ten noch ein­mal an Stär­ke zuge­legt hat.

Hel­ge Hohl: Sicher­lich wer­den wir alles dar­an­set­zen, die Eupho­rie aus der Rück­run­de der ver­gan­ge­nen Sai­son in die neue Spiel­zeit mit­zu­neh­men. Doch trotz aller Ambi­tio­nen und bei aller Vor­freu­de auf die Sai­son gehen wir die vor uns lie­gen­den Auf­ga­ben mit Demut und Rea­lis­mus an. Das leh­ren uns die ver­gan­ge­nen bei­den Jah­re. Am Ende wol­len wir auf einem ein­stel­li­gen Tabel­len­platz lan­den. Das bedeu­tet nicht, dass wir nicht auch ger­ne ein wenig über­ra­schen würden.

Nun scheint die Vor­be­rei­tung nicht ganz nach dem Geschmack der sport­li­chen Lei­tung zu lau­fen. Beson­ders die Leis­tung der Mann­schaft gegen Roda Kerk­ra­de miss­fiel dem Trai­ner der­art, dass er sei­nem Ärger in unge­wohnt har­scher Form öffent­lich Luft ver­schaff­te. Wie sehen Sie das? Hät­te man die­se Din­ge nicht erst ein­mal intern bespre­chen sollen?

Hel­ge Hohl: Der Sai­son­start rückt jetzt immer näher und somit auch die Ent­schei­dung des Trai­ner­teams bezüg­lich einer mög­li­chen Start­elf für das ers­te Pflicht­spiel. Wenn unser Trai­ner­team mit all sei­ner Erfah­rung spürt, dass der Druck im Team erhöht wer­den muss, pas­siert das genau in Hin­blick auf die­se zu tref­fen­de Ent­schei­dung und mit dem Ziel des größt­mög­li­chen Erfolgs. Unse­re Spiel­idee lebt von Emo­tio­na­li­tät und Lei­den­schaft und wird daher auch von unse­rem Trai­ner­team vor­ge­lebt und eingefordert.

Ist es den Geld­ge­bern ver­mit­tel­bar, wenn man sagt, dass man zunächst ein­mal demü­tig an die Sache her­an­ge­hen und nicht angrei­fen wird?

Sascha Eller: Ja, nach den Ereig­nis­sen der ver­gan­ge­nen Sai­son ist das den Spon­so­ren fürs Ers­te sicher­lich ver­mit­tel­bar. Schließ­lich ist Demut nichts Ver­werf­li­ches. Das spü­ren wir in den Gesprä­chen, die wir füh­ren. Aller­dings wol­len die Spon­so­ren von uns ein Ziel über die kom­men­de Spiel­zeit hin­aus defi­niert wis­sen. Und die­ses Ziel kann mit­tel­fris­tig nur der Auf­stieg sein. Auch das signa­li­sie­ren uns unse­re Part­ner deut­lich. Am Ende wün­schen wir uns alle die Rück­kehr unse­rer Alemannia in die drit­te und irgend­wann auch in die zwei­te Liga. Das gilt für Spon­so­ren wie Fans gleichermaßen.

„Wenn gemein­sa­me Per­spek­ti­ve sein soll, oben anzu­grei­fen, muss jeder bereit sein, mehr dafür zu leisten.“

Geschäfts­führer Sascha Eller

Die Spon­so­ren möch­ten die Per­spek­ti­ve Auf­stieg. Gleich­zei­tig pen­deln sich die Erlö­se aus dem Spon­so­ring seit Jah­ren auf einem Niveau ein, das einen nahe­zu gleich­blei­ben­den Sport­etat von rund 1,3 Mil­lio­nen Euro erlaubt. Und der scheint unzu­rei­chend zu sein, um das von den Geld­ge­bern gesteck­te Fern­ziel errei­chen zu kön­nen. Wie wol­len Sie die­sen Kno­ten lösen?

Sascha Eller: Ich sehe durch­aus die Poten­zia­le, unse­re finan­zi­el­len Spiel­räu­me aus­wei­ten zu kön­nen. Doch wir müs­sen unse­ren Spon­so­ren auch die Kar­ten auf den Tisch legen. Mit den bis­he­ri­gen Mit­teln ist unter nor­ma­len Umstän­den ein guter Mit­tel­feld­platz die Rea­li­tät. Nicht mehr und nicht weni­ger. Wenn es wirk­lich unse­re gemein­sa­me Per­spek­ti­ve sein soll, oben anzu­grei­fen, muss jeder bereit sein, auch mehr dafür zu leis­ten. Das kom­mu­ni­zie­ren wir deut­lich. Ich bin über­zeugt davon, dass sich unse­re Part­ner von die­ser Logik über­zeu­gen las­sen und es uns gelin­gen wird, im Schul­ter­schluss mit ihnen den Etat suk­zes­si­ve so zu gestal­ten, dass wir unser aller Ziel ins Visier neh­men können.

Wie hoch müss­te denn nach Ihrer Ein­schät­zung der Etat sein, um sich in eine gute Aus­gangs­po­si­ti­on für den Kampf um den Auf­stieg brin­gen zu können?

Sascha Eller: Da spre­chen wir von einem Sport­etat in Höhe von min­des­tens 1,8 bis 2,2 Mil­lio­nen Euro. Auch, wenn Fuß­ball letzt­end­lich nicht bis in den letz­ten Win­kel plan­bar ist, kann man mit einer sol­chen Sum­me die Chan­ce, oben mit­zu­spie­len signi­fi­kant erhöhen.

Mit einem Etat von 1,3 Mil­lio­nen sind wir davon aber ein Stück weit entfernt.

Sascha Eller: Wie gesagt, im Fuß­ball lässt sich nicht alles am Reiß­brett pla­nen. Chan­cen hat man immer. Das hat man in Verl vor eini­gen Jah­ren erle­ben dür­fen. Doch bei einem Etat wie dem unse­ren muss am Ende alles pas­sen. Die Neu­zu­gän­ge müs­sen genau so pas­sen, wie man sich das vor­ge­stellt hat, die Mann­schaft muss von Beginn an funk­tio­nie­ren, man muss weit­ge­hend ver­let­zungs­frei blei­ben, es darf nichts Unvor­her­ge­se­he­nes pas­sie­ren, und dann benötigt man auch noch das berühm­te gehö­ri­ge Quänt­chen Glück. Nein, wenn man von einer rea­lis­ti­schen Mög­lich­keit zum Auf­stieg aus­ge­hen will, muss man schon über die von mir genann­ten Mit­tel ver­fü­gen können.

Geschäfts­führer Sascha Eller
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Sehen Sie denn eine rea­lis­ti­sche Mög­lich­keit an die Mar­ke 1,8 Mil­lio­nen her­an­kom­men zu können?

Sascha Eller: Wir müs­sen das mit­tel­fris­tig schaf­fen. Für Alemannia Aachen gibt es dazu kei­ne Alter­na­ti­ve. Unse­re Strahl­kraft und die grund­sätz­li­chen Poten­zia­le die­ses Ver­eins geben das auch leicht her. Wir sind gefor­dert, das auch in die Pra­xis umzusetzen.

Kann die fort­wäh­ren­de Sta­gna­ti­on bei den Spon­so­r­ing­e­innah­men nicht auch bedeu­ten, dass die für die Alemannia natür­li­chen Res­sour­cen ein­fach aus­ge­schöpft sind? Dass man mit­hil­fe der übli­chen Ver­däch­ti­gen gar nicht wei­ter­kom­men kann? Ist es vor die­sem Hin­ter­grund nicht unab­ding­bar, auch die ganz gro­ßen Akteu­re in der Regi­on zu über­zeu­gen, die sich aller­dings bis­her sehr zuge­knöpft zeigen?

Sascha Eller: Zunächst ein­mal habe ich nicht den Ein­druck, dass die bestehen­den Spon­so­ren grund­sätz­lich nicht bereit sind, mehr zu machen. Unser neu­er Haupt­spon­sor zum Bei­spiel erhöht sein Enga­ge­ment deut­lich. Wir haben jüngst mit dem therapiezentrum.com einen Unter­stüt­zer über­zeu­gen kön­nen, als neu­er Co-Haupt­spon­sor sei­ne Leis­tun­gen enorm auf­zu­sto­cken. Die Tri­kot­brust, den Rücken und den Arm haben wir bereits ver­mark­tet. Zur noch frei­en Flä­che auf der Hose befin­den wir uns in Gesprä­chen. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lan­ge nicht am Ende. Wir freu­en uns des­halb über jede Kon­takt­auf­nah­me. Sicher­lich wür­de es uns sehr hel­fen, wenn wir zumin­dest eines der Groß­un­ter­neh­men in der Regi­on auf unse­re Sei­te zie­hen könn­ten. Dar­an arbei­ten wir aktiv. Aller­dings soll­te man hier nicht auf kurz­fris­ti­ge Ergeb­nis­se hof­fen. Da wur­de in der Ver­gan­gen­heit viel Ver­trau­en zer­stört, das sich nur lang­sam und kon­ti­nu­ier­lich wie­der zurück­ge­win­nen lässt.

Hel­ge Hohl: Um unse­re und die Ansprü­che unse­rer Part­ner erfül­len zu kön­nen, wird neben der sport­li­chen auch eine struk­tu­rel­le Wei­ter­ent­wick­lung unse­res Ver­eins not­wen­dig sein. Hier­zu gehö­ren bei­spiels­wei­se auch inno­va­ti­ve Spon­so­ring­kon­zep­te. Zum Bei­spiel sol­che, die auf der sport­li­chen Leis­tung und dem sport­li­chen Erfolg fußen?

Nun will aber die Lokal­pres­se davon wis­sen, dass Spon­so­ren unzu­frie­den sind und des­halb ihre Leis­tun­gen kürzen.

Sascha Eller: Wir arbei­ten mit aller Macht dar­an, jeden Spon­sor abzu­ho­len. Rich­tig ist, dass wir ins­ge­samt drei Spon­so­ren haben, die ihr Enga­ge­ment gering­fü­gig zurück­fah­ren. Ich kann aber nicht bestä­ti­gen, dass die­se das aus einer irgend­wie gear­te­ten Unzu­frie­den­heit über die aktu­el­le Situa­ti­on her­aus tun. Viel­mehr muss man auch ein­mal die all­ge­mei­ne poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Lage berück­sich­ti­gen. Die Fol­gen der Pan­de­mie, die Unsi­cher­heit bei der Ener­gie­ver­sor­gung, die Angst vor einer Rezes­si­on. Dass sol­che Fak­to­ren Ein­fluss auf unter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dun­gen haben kön­nen, dürf­te nach­voll­zieh­bar sein. Selbst­ver­ständ­lich kön­nen auch uns Feh­ler unter­lau­fen. Am Tivo­li arbei­ten Men­schen. Und Men­schen machen Feh­ler. Soll­te jemand das Gefühl haben, nicht kor­rekt behan­delt wor­den zu sein und wir in der Betreu­ung etwas bes­ser machen zu müs­sen, ste­hen wir jeder­zeit für offe­ne und ehr­li­che Gesprä­che zur Verfügung.

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Eine Mög­lich­keit, den Etat zu ent­las­ten und gleich­zei­tig mehr Fle­xi­bi­li­tät bei der Kader­pla­nung zu bekom­men wäre die Ein­bin­dung von Spie­lern, die par­al­lel ihre Aus­bil­dung absol­vie­ren oder einem Beruf nach­ge­hen wol­len, um für ihre Zukunft vor­zu­sor­gen. Doch die Alemannia setzt kom­pro­miss­los auf Voll­pro­fi­tum. War­um ver­hal­ten Sie sich dies­be­züg­lich der­art stur?

Sascha Eller: Na ja. Ganz so kom­pro­miss­los hand­ha­ben wir das nicht. Neh­men Sie Alex­an­der Hein­ze. Der geht sehr ernst­haft einem Beruf nach.

Bei Alex­an­der Hein­ze spielt der Arbeit­ge­ber aber auch so mit, dass der Spie­ler die für Arbeit­neh­mer und auch Stu­den­ten ungüns­ti­gen Trai­nings­zei­ten ein­hal­ten kann. In der Ver­gan­gen­heit gab es jedoch eini­ge Spie­ler, die den Ver­ein ver­las­sen haben, weil Alemannia und Beruf oder Aus­bil­dung nicht zu ver­ein­ba­ren sind. Unter ande­rem David Pütz oder Joshua Mroß.

Hel­ge Hohl: Man kann das durch­aus kon­tro­vers dis­ku­tie­ren. Wir müs­sen genau über­le­gen, was wir gewin­nen oder ver­lie­ren wür­den, wenn wir uns in die­ser grund­sätz­li­chen Fra­ge umori­en­tie­ren wür­den. Und mei­ner Mei­nung nach wären die Pro­ble­me grö­ßer als die Vor­tei­le. Unser aller Ziel ist es doch, die­se Liga mit­tel­fris­tig ver­las­sen zu kön­nen. Und im Hin­blick auf die­ses Ziel wäre es nicht aus­rei­chend, wenn wir nur begrenzt noch in den Abend­stun­den trai­nie­ren könn­ten, weil wir Rück­sicht auf Arbeits­zei­ten oder Vor­le­sungs­ter­mi­ne neh­men müss­ten. Das könn­te uns zu sehr ein­engen. Wir wer­den von unse­rem Weg erst ein­mal nicht abrücken.

„Für ein gut orga­ni­sier­tes NLZ, benötigt man jähr­lich min­des­tens um die 500.000 Euro.“

Sascha Eller

Herr Hohl, Sie haben vor­hin ange­mahnt, die vor­han­de­nen Res­sour­cen effi­zi­en­ter als bis­her ein­zu­set­zen. Spielt in die­sem Zusam­men­hang nicht auch die Jugend­ar­beit eine wich­ti­ge Rol­le? Ihr Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der Mar­cel Moberz hat­te ja auch dies­be­züg­lich bereits vor gerau­mer Zeit ange­kün­digt, so schnell wie mög­lich ein den Ansprü­chen des DFB genü­gen­des Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum auf­zu­bau­en. Ist das ange­sichts der hier immer wie­der beton­ten finan­zi­el­len Enge über­haupt zu leisten.

Sascha Eller: Sicher­lich möch­ten wir das grund­sätz­lich wei­ter vor­an­trei­ben. Wir haben das auch längst durch­ge­spro­chen. Aber für uns wür­de das schon einen gewal­ti­gen Schritt bedeu­ten, den wir ohne exter­ne Unter­stüt­zung nicht tun könn­ten. Immer­hin benötigt man für ein gut orga­ni­sier­tes NLZ, das pro­fes­sio­nell arbei­ten soll, jähr­lich min­des­tens um die 500.000 Euro. Doch nicht allein das Finan­zi­el­le spielt eine Rol­le. Auch die Infra­struk­tur muss ange­passt wer­den. Hier­zu spre­chen wir mit der Poli­tik und wei­te­ren Part­nern, die die enor­me Bedeu­tung der Jugend als Fun­da­ment für den Erfolg der Alemannia erken­nen. Und als ein­zi­ge Chan­ce, wie­der in höhe­ren Ligen zu spie­len und so die Stadt deutsch­land­weit zu vertreten.

Gibt es denn eine Zeit­pla­nung für den Auf­bau eines NLZ.

Sascha Eller: Zum jet­zi­gen Zeit­punkt wäre es unse­ri­ös, ein fixes Datum zu benen­nen. Viel­mehr arbei­ten wir suk­zes­siv dar­an, die Richt­li­ni­en für ein NLZ umzu­set­zen. Alles, was finan­zi­ell jetzt schon mög­lich ist, soll­ten wir auch vor­an­trei­ben. Die Struk­tu­ren wer­den bereits ver­än­dert und immer wei­ter in die rich­ti­ge Rich­tung ent­wi­ckelt. Das alles muss jedoch auch immer in Ein­klang mit den Anfor­de­run­gen der ers­ten Mann­schaft gesche­hen. Es funk­tio­niert nur homogen.

Hel­ge Hohl: Viel­leicht soll­te man sich nicht immer auf den Sta­tus NLZ kapri­zie­ren, son­dern mehr auf das, wofür ein NLZ letzt­lich steht, bezie­hungs­wei­se, zu was es die­nen soll. Wich­tig ist doch, dass unse­re Nach­wuchs­ar­beit so gut ist, dass sie unse­rer ers­ten Mann­schaft hilft. Und dafür schaf­fen wir mit dem neu­en Lei­ter unse­res Nach­wuchs­zen­trums Gabrie­le Di Bene­det­to gera­de die ent­spre­chen­den Vor­aus­set­zun­gen. Ob da am Ende ein Eti­kett DFB- Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum drauf­klebt, ist heu­te eher zweitrangig.

„Man soll­te Düren nicht klei­ner reden als es ist. Aber mit Sicher­heit auch nicht größer.“

Sascha Eller

Nun gibt es mit dem 1.FC Düren einen Ver­ein vor der Haus­tür, der sich expli­zit die drit­te Liga zum Ziel gesetzt hat. Und der erklär­ter­ma­ßen den Sta­tus der Alemannia zumin­dest errei­chen will. Ängs­tigt Sie die neue Konkurrenz?

Sascha Eller: Selbst­ver­ständ­lich neh­men wir Düren ernst. So wie wir im Übri­gen jeden Ver­ein in der Regio­nal­li­ga ernst neh­men. Der Kader des 1.FC hat schon eine gewis­se Qua­li­tät. Man soll­te Düren nicht klei­ner reden als es ist. Aber mit Sicher­heit auch nicht größer.

Müs­sen Sie die Düre­ner als Wett­be­wer­ber um Spon­so­ren fürch­ten? Vor allem, wenn es denen gelin­gen soll­te, sport­lich erfolg­rei­cher zu sein als die Alemannia.

Sascha Eller: Bis­her hat kei­ner unse­rer Part­ner Düren zum The­ma gemacht. Ent­schei­dend für die Spon­so­ren ist doch, was sie mit ihrer Inves­ti­ti­on errei­chen kön­nen. Die Strahl­kraft des Ver­eins spielt da eine ent­schei­den­de Rol­le. Und ich den­ke doch, dass die Alemannia mir ihrer Tra­di­ti­on, ihrem Stel­len­wert, dem Sta­di­on und der unver­gleich­li­chen Fan­ba­sis eine deut­lich grö­ße­re Strahl­kraft besitzt. Aller­dings wis­sen wir eben­so ganz genau, dass am Ende des Tages der sport­li­che Erfolg erheb­lich zu die­ser Strahl­kraft bei­trägt. Also müs­sen wir sehen, dass wir auch sport­lich die Nase vorn haben.

Das Auf­takt­pro­gramm der Alemannia hat es in sich. Haben Sie die Besorg­nis, dass die Eupho­rie direkt wie­der nach­lässt, wenn man die ers­ten Spie­le nicht erfolg­reich bestrei­ten kann?

Hel­ge Hohl: Besorg­nis ist im Sport ein schlech­ter Rat­ge­ber. Wir gehen unse­re Auf­ga­be mit Spaß und Über­zeu­gung an. Wir freu­en uns auf den sport­li­chen Wett­kampf und dar­auf, das Ergeb­nis unse­rer Arbeit zu sehen. Wir wer­den alles dafür tun, den Sai­son­auf­takt erfolg­reich zu gestal­ten. Unab­hän­gig davon, wer wann unse­re Geg­ner sind.

Sascha Eller: Rich­tig. Wir neh­men es, wie es kommt. Vor ein paar Wochen wuss­ten wir noch nicht ein­mal, ob wir über­haupt einen Platz in der Regio­nal­li­ga hät­ten. Und jetzt sol­len wir uns auf­re­gen, weil wir gegen die Top-Teams gleich zu Beginn spie­len müs­sen? Nein, wir freu­en uns, dass wir dabei sind.

Herr Hohl, Herr Eller, wir bedan­ken uns für das Gespräch.

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Als wir die ersten Buchstaben tippten, um unsere fixe Idee eines Alemannia-Magazins in die Tat umzusetzen, spielte Henri Heeren noch in Schwarz-Gelb. Jupp Ivanovic machte drei Buden am Millerntor und trotzdem träumte niemand von Bundesliga oder Europapokal. Das ist lange her. In der Zwischenzeit waren wir mit dem TSV ganz oben. Wir sind mit ihm ziemlich unten. Aufgehört haben wir unterwegs irgendwie nie. Neue Ausgaben kamen mal in größeren, mal in kleineren Abständen. Und jetzt schreiben wir halt auch noch das Internet voll.

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