Fried­helm Köhnen

aka Freddy

Foto: Carl Brunn

3 Minuten Lesezeit

Fred­dy Köh­nen ist kein Mensch, der lan­ge zurückschaut, Man kann nicht sagen, dass er sei­nen Blick auf die Din­ge von ver­klä­ren­der Nost­al­gie trüben lie­ße. Er ist im Hier und Jetzt zu Hau­se und denkt viel­leicht ans Mor­gen, aber weni­ger ans Ges­tern. Das gilt auch in Sachen Alemannia. Vier­te Liga, neu­es Sta­di­on, Ultras? „Was soll ich den alten Zei­ten heu­lend nach­hän­gen? Sie sind vor­bei. Punkt. Es geht doch nicht um eine Liga, eine Are­na, die Art des Sup­ports, einen Auf­sichts­rat oder einen ein­zel­nen Spie­ler. Das alles kommt, geht und ver­än­dert sich. Es geht mir aus­schließlich um den Ver­ein. Solan­ge der Alemannia heißt und schwarz-gelb ist, neh­me ich die Umstän­de an, wie sie eben sind. Was bleibt mir als Fan denn auch ande­res übrig?“

Doch der 63-Jäh­ri­ge ist nicht nur Rea­list. Er ist er zudem aus­ge­spro­chen kon­se­quent. Es ist bezeich­nend, dass der begeis­ter­te Wan­de­rer nie Mit­glied eines Fan­clubs wer­den woll­te. Obwohl man ihn des Öfte­ren gefragt hät­te, hier oder da mit­zu­ma­chen. „Ich mache etwas rich­tig oder gar nicht. Des­halb wäre jede Mit­glied­schaft in einem Ver­ein für mich mit Pflich­ten ver­bun­den. Da ist dann ganz schnell zu viel Muss und zu wenig Kann. Ich mach lie­ber mein eige­nes Ding“, erklärt Köh­nen unumwunden.

Foto: Carl Brunn

So hat er den Schritt in die Fan-IG schon nach kur­zer Zeit wie­der kor­ri­giert. „Bei einem Vater­tags­gril­len der IG hat man aus­schließlich Köl­sches Lied­gut gespielt und woll­te das auch nicht ändern. Das fand ich zum Kot­zen. Da bin ich halt wie­der raus.“ Und die Alemannia? „Der bin ich erst 2008 und nach mehr als 40 Jah­ren Fan­kar­rie­re bei­getre­ten. Und das auch nur, um mit­zu­hel­fen, mei­nen Lieb­lings­auf­sichts­rats­vor­sit­zen los­zu­wer­den. Hat ja dann spä­ter geklappt“, grinst Köhnen.

Sein „eige­nes Ding“ in Sachen Alemannia hat Fred­dy Köh­nen schon früh gemacht, nach­dem er Ende der 60er Jah­re zunächst an der Hand sei­nes Groß­va­ter regel­mä­ßig in die Soers gepil­gert ist. Doch bereits mit zwölf Jah­ren eman­zi­pier­te er sich vom Opa, mar­schier­te selb­stän­dig zum Sta­di­on und plat­zier­te sich auf dem Würselener Wall. Mit einer von der Mut­ter genäh­ten Fah­ne. „Die war so groß, dass ich damit nicht in einen ASE­AG-Bus rein­kam. Also ging‘s jedes Mal per pedes von der Hüls bis zur Kre­fel­der Stra­ße und zurück.“ Allei­ne. Weil kein ein­zi­ger sei­ner Schul­ka­me­ra­den sei­ne Pas­si­on für den Tra­di­ti­ons­club geteilt hät­te. Gestört habe ihn das jedoch nicht. Auch, dass er wäh­rend sei­ner ers­ten WüWa-Jahre kei­ne enge­ren Kon­tak­te zu Gleich­ge­sinn­ten habe knüpfen kön­nen, wäre nicht schlimm gewe­sen. „Das Tam­tam auf den Rän­gen war mir genug.“

Foto: Carl Brunn

Mit „Tam­tam“ meint er die Stim­mung, die Schlacht­ru­fe, die Gesän­ge. Mit „Tam­tam“ will er ausdrücklich nicht die drit­te Halb­zeit gemeint wis­sen. „Ich bin im Sta­di­on ger­ne laut und viel­leicht auch mal unflä­tig. Aber die Klop­pe­rei­en waren für mich zu kei­nem Zeit­punkt inter­es­sant oder span­nend. Ich sehe dar­an kei­nen Sinn und schon gar kei­nen Spaß.“ Im Gegen­teil: Er habe oft ver­sucht, die Leu­te zurückzuhalten, um Aus­ein­an­der­set­zun­gen im Keim zu ersti­cken. Vor allem auf Aus­wärts­tou­ren. Ohne durch­schla­gen­den Erfolg. „Ansons­ten habe ich mich aus die­sen Sachen stets rausgehalten.“

Aller Unge­bun­den­heit zum Trotz: Hört man Fred­dy Köh­nen zu, merkt man schnell, wie wich­tig ihm die Gemein­schaft ist. Mit dem Wech­sel an die Real­schu­le Tit­tel­stra­ße in Würselen Anfang der sieb­zi­ger Jah­re traf der jun­ge Fred­dy auf eini­ge eben­so ale­man­nisch Ent­flamm­te. „Die woll­ten gleich einen Fan­club gründen. An den Namen kann ich mich gar nicht erin­nern. Mit­ge­macht hät­te ich da eh nicht.“

Den­noch ent­wi­ckel­ten sich aus den Begeg­nun­gen Freund­schaf­ten, die all die Jahr­zehn­te überdauert haben. „Vor allem mit Ralf Nie­ßen. In Sachen Alemannia haben wir alles zusam­men gemacht und mit­ge­macht. Bis heu­te gehen wir gemein­sam ins Sta­di­on. Durch die Alemannia habe ich ganz fei­ne Men­schen ken­nen­ge­lernt Zum Bei­spiel die Jungs und Mädels von der Fan­be­treu­ung.“

Und dann wird der ansons­ten betont ker­nig daher­kom­men­de Fred­dy doch etwas lei­se: „Aber lei­der muss ich fest­stel­len, dass ich von den alten Käm­pen Jahr für Jahr immer weni­ger am Tivo­li antref­fe. Eini­ge haben die Bin­dung an die Alemannia ver­lo­ren. Aber vie­le sind eben auch schon ver­stor­ben. Viel zu früh. Das trifft einen.“

Fred­dys Flashback

„Juni 2012, Test­spiel in Ham­bach gegen eine Dürener Kreis­aus­wahl. Ich war mit mei­nem Bru­der vor Ort. Es reg­ne­te in Strö­men und wir stan­den mit unse­ren auf­ge­spann­ten Schir­men am Spiel­feld­rand. Plötz­lich stellt sich so ein klei­ner, unter­setz­ter Typ ein­fach zu mir. Ich kann­te den überhaupt nicht. Und der hat­te kei­ne Ahnung, wer ich war. Wir hat­ten bis zu die­sem Tag rein gar nichts mit­ein­an­der zu tun gehabt. Aber der Kerl kram­te sich wie selbst­ver­ständ­lich unter mei­nen Schirm. Wir kamen zwangs­läu­fig ans Quat­schen und ich erfuhr, dass er Jac hieß und Bus­fah­rer war. An die­sem ver­reg­ne­ten Sonn­tag in der Pro­vinz begann die enge Freund­schaft zu einem der tolls­ten Men­schen, die ich je ken­nen­ge­lernt habe. Wir haben uns von da an immer im Sta­di­on getrof­fen und waren stets gemein­sam unter­wegs. Jac Hirtz wur­de zu mei­nem bes­ten Kum­pel und war mir bis zum bit­te­ren Schluss als wah­rer Freund ver­bun­den. Wir funk­ten ein­fach auf der glei­chen Wel­len­län­ge. Wir hör­ten auf­ein­an­der und ein­an­der zu. Im Sep­tem­ber 2021 ist Jac viel zu früh ver­stor­ben. Er fehlt mir so sehr, dass ich seit sei­nem Tod zu kei­nem Aus­wärts­spiel mehr gewe­sen bin. Ohne ihn ist das nicht das Gleiche.“

Vorheriger Beitrag

Alemannias Jahr 2022: Nicht normal!

Nächster Beitrag

Au Lü

Nächs­te Tour