Fast traditionell, könnte man meinen, fand heute um 11 Uhr am neuen Tivoli die Insolvenzpressekonferenz statt. Gekommen, um Auskunft zu erteilen, waren die Präsidiums- und bis vor einigen Tagen noch Aufsichtsratsmitglieder Horst Reimig und Wolfgang „Tim“ Hammer, sowie der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Christoph Niering in Begleitung eines seiner Mitarbeiter.
Die guten Nachrichten vorweg: Die Saison kann und wird zu Ende gespielt werden. Sämtliche Gehälter übernimmt die Agentur für Arbeit durch Zahlung des Insolvenzgelds. Die Alemannia bekommt für die laufende Saison neun Punkte abgezogen. Weitere sportliche Konsequenzen wird es keine geben.
Dauerkarten behalten Gültigkeit
Sollte die Mannschaft also nicht allzu beeindruckt von den Vorgängen sein, bleibt die Regionalliga auch in der kommenden Saison die Heimat der Schwarz-Gelben. Und gespielt wird ganz sicher auf dem Tivoli II. Gerüchte um einen möglichen Umzug verwiesen die Anwesenden ins Reich der „Fake News“. Noch eine gute Nachricht: Die Dauerkarten behalten – im Gegensatz zur vorangegangenen Insolvenz – ihre Gültigkeit.
Wer das erste Insolvenzverfahren miterlebt hat und nun ähnliche Szenarien erwartet hatte, wurde dann allerdings überrascht. Wirklich düstere Aussichten mochte man nicht wagen. Vielmehr hatte alles den Tenor: Ändern soll sich nicht viel. Bereits gestern hatten Tim Hammer und der nun ehemalige Aufsichtsratschef Christian Steinborn erste Gespräche mit dem Insolvenzverwalter geführt. Bei dieser Gelegenheit hatten die Gremiker Christoph Niering ihre aktive Unterstützung angeboten und sich bereit erklärt, wieder Verantwortung innerhalb des Vereins übernehmen zu wollen.
Der Insolvenzverwalter nahm diesen Ball auf und lobte diese Bereitschaft in höchsten Tönen. Der Jurist stärkte den bisherigen Akteuren ausdrücklich den Rücken. Es wäre nicht immer das Klügste, auf einen Neuanfang zu bauen. Man solle lieber das, was gut war, bewahren. Dementsprechend war ein möglicher Rücktritt des amtierenden Präsidiums kein Thema.
Kölmel weiterhin im Gespräch
Ebenso wenig Trübsal mochte man in der Investorencausa blasen und blieb auf Kurs. Christoph Niering stellte klar, dass auch er an ein Überleben in der vierten Liga ohne Geld von außen nicht glauben würde. Mit dem ehemaligen Filmrechtehändler Michael Kölmel würde man weiterhin im Gespräch bleiben. Dieser hätte bereits signalisiert, sein Angebot aufrechterhalten zu wollen. Der Insolvenzverwalter wolle selber mit Kölmel reden.
Darüber hinaus, so berichtete Horst Reimig, hätten insgesamt fünf bis sieben Investoren ihr Interesse bekundet, der Alemannia zu helfen. Mit dem zusätzlichen Hinweis: Einer von denen hätte 152 Bundesligaspiele bestritten (Hinweis der Redaktion. Ein schneller erster Blick in einschlägige Archive zeigt, dass dieses Kriterium auf die Herren Marko Babic, Sofian Chahed, Günter Fürhoff, Ilkay Gündogan, Hans-Jürgen Hellfritz, Jan Koller, Michael Kutzop, Jürgen Pahl, Sokratis, Rafael van der Vaart, Markus Weissenberger und Benny Wendt zutrifft).
Um zu demonstrieren, wie professionell man sich um die Gewinnung von Investoren bemühe, präsentierte Horst Reimig eine bis dahin nicht bekannte Hochglanzbroschüre. In ihr würden die Stadt und der Verein porträtiert, um potentielle Partner für den Standort Krefelder Straße zu begeistern.
Schuldzuweisungen und Kritik in Richtung der handelnden Personen wurden vermieden. Hammer bescheinigte auch dem inzwischen abgetretenen Geschäftsführer Timo Skrzypski, der oft so „negativ gesehen“ werde, eine „hervorragende Arbeit“. Auch sah man keine Veranlassung, in Sachen Fanschelte zurück zu rudern. In seiner offiziellen Pressemitteilung zur Insolvenz hatte der Verein seinen kritischen Anhängern zumindest eine massive Mitschuld an der Entwicklung attestiert.
Gute Fans, böse Fans
Im Gegenteil: Die Vorwürfe wurden weiter konkretisiert. Wolfgang „Tim“ Hammer definierte die bisher allgemein gültige Kategorisierung „gute“ Fans und „böse“ Fans während der Pressekonferenz neu. Meinen die meisten Fußballvereine mit den „bösen“ Fans gewöhnlich jene, die prügelnd und zündelnd durch die Lande ziehen, so teilt die Alemannia in gute Investorenbefürworter und böse Investorengegner ein.
Die Alemannia plagt eine im Vergleich zur ersten Insolvenz marginale kurzfristige Finanzierungslücke von „0,x Millionen Euro, aber deutlich unter 1 Million“, sagte der bekennende FC-Fan Niering, der nun bis voraussichtlich Ende des Jahres das Sagen im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich hat.
Dies sollte eigentlich Mut machen, den Karren auch dieses Mal wieder aus dem Dreck ziehen zu können. Es bleibt von der Pressekonferenz jedoch die düstere Ahnung, dass die Insolvenz nur als Damoklesschwert genutzt werden könne, um die Investorenlösung mehrheitsfähig zu machen.