Was habt Ihr eigentlich am 20. August 1995 nachmittags so gemacht? Paul Arns war auf dem Tivoli, wie an etlichen anderen Tagen auch. Und am 10. Februar 2003? Müngersdorf. Am 25. April 2008? Betzenberg! 1. Oktober 2017? Grotenburg. Ja, Paul Arns besucht gerne Fußballstadien, vorzugsweise wenn die Alemannia spielt. Ein Großteil seiner inzwischen gut drei Jahrzehnte umspannenden Erlebnisse mit dem TSV lässt sich seit kurzem relativ exakt nachzeichnen: Er hat seinen Werdegang als Fan in Buchform gegossen – gespickt mit Erinnerungen und Anekdoten vom Kuhglocken schwingenden späteren Alemannia-Präsidenten über Senfunfälle in Freiburg und Nudeltöpfe in Aue bis Killermichel-Songs in der schwarz-gelben Kabine auswärts bei Viktoria Köln.
24 Übungsleiter hat Paul Arns seit seiner Tivoli-Premiere im April 1990 erlebt. Sie fungieren in seinem Buch als Eckpfeiler und Kapitelunterteilungen. An ihnen entlang hangelt er sich durch die Alemannia-Historie und noch mehr. Abi, Zivildienst, Studium, Heirat, zwei Kinder: Quasi nebenbei erfährt man auch von der Entwicklung, die das Leben des Autors seit seinen frühen schwarz-gelben Tagen genommen hat.
„Alemannia Aachen Fußballfibel“ ist ein sehr persönliches Buch. Genau so ist aber auch die Buchreihe konzipiert, der es entspringt. Die „Bibliothek des Deutschen Fußballs“ setzt bewusst auf komplett subjektive Erzählungen. Schließlich firmiert das Ganze unter dem Untertitel „Fans schreiben für Fans!“. Und das Konzept zieht, weil man sich als Anhänger in vielen Passagen wiederfindet. Auch wenn die Typen, mit denen man auswärts fährt, nicht Berry, Leo, Moritz, Lukas oder Daniel heißen. Auch wenn es nicht in Wanne-Eickel war, wo die ältere Dame in der Wurstbude einem einen lustigen Spruch gedrückt hat. Wir alle haben das erlebt, was Paul erlebt hat, nur in anderen Facetten, anderen Stadien, vielleicht auch anderen Farben.
Wenn es aber doch dieselben Farben sind, können Bücher wie dieses sogar noch mehr. Dann funktionieren sie wie der Kaninchenbau bei „Alice im Wunderland“. Es sind harmlose Fragen wie „Ach ja, die gedrehte Partie gegen Ahlen 1997, wie war das nochmal?“, die einen dann tief hineinsaugen in die eigenen Erinnerungen. Von Hölzchen auf Stöckchen kommend, googelt man plötzlich nach fast vergessenen Leuten wie Lassad Abdelli oder Pierre Dickert. Zack, sind ein paar Stunden weg. Und auf der nächsten Seite lauert schon die nächste harmlose Frage.
Die Aachener Fußballfibel ist durch diese „Zusatzfunktion“ nicht nur unterhaltsam, sondern gerade in Bezug auf die eigene Fan-Biographiearbeit enorm inspirierend. Zu kritisieren gibt es allenfalls eine Sache: Mario Krohm hat den Nachschuss damals im Pokal gegen Mannheim nicht verschossen, sondern souverän versenkt.