Das Gescha­cher um die Alemannia

Wer steigt beim morbiden Viertligisten Alemannia Aachen ein? Als Bühne für den Deal könnte auch die Southfork Ranch dienen.

Die Ent­schei­dungs­trä­ger der Alemannia Aachen GmbH sind sich sicher: Ohne fri­sches Geld in nen­nens­wer­ter Grö­ßen­ord­nung rückt das Ent­rin­nen aus der Per­spek­tiv­lo­sig­keit der vier­ten Liga in uner­reich­ba­re Fer­ne. Für den Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den der Alemannia, Chris­ti­an Stein­born, ist es aus­ge­macht, dass man eher gegen den Abstieg als um den Auf­stieg spie­len würde.

Ret­ter, Rit­ter, Tro­ja­ni­sches Pferd?

Bis­her galt gemein­hin Micha­el Köl­mel als der wahr­schein­li­che Ret­ter. Der ehe­ma­li­ge Film­rech­te­händ­ler sitzt bereits seit län­ge­rem im Boot der Kai­ser­städ­ter. Und er hat auf­grund sei­ner Ver­trä­ge mit dem Viert­li­gis­ten ein enor­mes wirt­schaft­li­ches Inter­es­se dar­an, dass der Ver­ein so schnell als mög­lich in die nächst höhe­re Klas­se rückt. Und just drei Tage vor einem eilig ein­be­ru­fe­nen Fan­a­bend kommt über die Lokal­zei­tung mit Simon Rol­fes ein Mann ins Spiel, der dem Fuß­volk Trä­nen in die Augen trei­ben dürf­te. Wäre der nicht nur der Ret­ter, son­dern sogar so etwas wie ein »Wei­ßer Ritter«?

Es deu­tet eini­ges dar­auf hin, dass Köl­mel sich als so etwas wie ein Tro­ja­ni­sches Pferd in schwarz-gel­bem Tarn­an­strich ent­pup­pen könn­te. Im Wind­schat­ten des Münch­ners segelt die Are­na 11 Sports Group. Eine eben­falls in der baye­ri­schen Lan­des­haupt­stadt ansäs­si­ge, durch­aus schil­lern­de Spie­ler­be­ra­tungs­agen­tur. Einer ihrer füh­ren­den Köp­fe ist Andre­as Sadlo.
Der 48-jäh­ri­ge Öster­rei­cher war als ers­ter Prä­si­dent von RB Leip­zig maß­geb­lich am Auf­bau die­ses Mar­ke­ting­pro­jek­tes betei­ligt und unter­hält immer noch bes­te Kon­tak­te zu Red-Bull-Patri­arch Diet­rich Mate­schitz. Zu den Are­na-11-Bera­tern zäh­len unter ande­rem auch Alt­na­tio­nal­spie­ler Tho­mas Strunz und Ex-Trai­ner Klaus Ber­ge. Auf der Lis­te ihrer Kli­en­ten ste­hen Spie­ler eben­so wie Trai­ner und Sportdirektoren.

Hin­ter­män­ner

Dass Are­na 11 bei der Alemannia in irgend­ei­ner Wei­se Ein­zug hal­ten wür­de, demen­tiert noch nicht ein­mal Chris­ti­an Stein­born: »Are­na 11 steht für eine gehö­ri­ge Por­ti­on sport­li­che Kom­pe­tenz. Kom­pe­tenz, die Alemannia bestimmt nicht scha­den kann.« Der AR-Chef will einen mög­li­chen Inter­es­sens­kon­flikt zwi­schen dem Wohl des Ver­eins und dem kom­mer­zi­el­len Inter­es­se von Spie­ler­be­ra­tern nicht ver­heh­len, doch ver­sucht zu beru­hi­gen: »Außer­dem kann man etwa­ige Kon­flikt­the­men schon im Vor­feld über den Gesell­schaf­ter­ver­trag entschärfen.«

Was plant Are­na 11 wirk­lich? Ein an den lau­fen­den Gesprä­chen unmit­tel­bar Betei­lig­ter behaup­tet Inter­es­san­tes: Dem­nach wäre Micha­el Köl­mel nicht der eigent­li­che Inves­tor. Das Geld wür­de viel­mehr von ehe­ma­li­gen Pro­fis aus dem Are­na-11-Dunst­kreis kom­men. Man stre­be zunächst eine signi­fi­kan­te Mehr­heit an der Alemannia Aachen GmbH von bis zu 49 Pro­zent an. Dar­über hin­aus wol­le man sich anschei­nend schon jetzt ver­trag­lich fest­schrei­ben las­sen, die­sen Anteil auf 74,9 Pro­zent auf­zu­sto­cken, sobald die 50+1‑Regelung der DFL kippt.

Ziel dabei sei es, die kom­plet­te Kon­trol­le über die Alemannia zu erlan­gen, um den Ver­ein sozu­sa­gen als Pro­duk­ti­ons­stät­te zu nut­zen. Will man Nach­wuchs- oder Per­spek­tiv­ki­ckern aus dem Are­na-11-Port­fo­lio Spiel­pra­xis ver­mit­teln, um die­se dann spä­ter ein­fa­cher und lukra­ti­ver am Markt plat­zie­ren zu kön­nen? Und will man des­halb auch Ein­fluss zum Bei­spiel auf Trai­ning und Auf­stel­lung haben? Glaubt man dem Insi­der, dann wäre genau das Plan.

Simon Rol­fes: der Gegenkandidat?

Da klingt der Name Simon Rol­fes in ale­man­ni­schen Ohren doch gleich deut­lich sym­pa­thi­scher. Bei­na­he aus dem Nichts wur­de des­sen Inter­es­se publik, kurz vor einem ver­hält­nis­mä­ßig kurz­fris­tig anbe­raum­ten Fan­a­bend. Zwei Sze­na­ri­en las­sen sich zeich­nen: Simon Rol­fes wird als »Gegen­kan­di­dat« ins Spiel zu der von AR-Boss Chris­ti­an Stein­born offen­bar favo­ri­sier­ten Köl­mel-Are­na-11-Lösung ins Spiel gebracht. Von wem auch immer. Dafür sprä­che, dass sich der Ex-Natio­nal­spie­ler anschei­nend bis­her nur mit Oli­ver Laven aber nicht mit dem feder­füh­ren­den Stein­born getrof­fen hat. Zudem scheint der Chef­kon­trol­leur doch selbst sehr über­rascht vom Vor­pre­schen des ehe­ma­li­gen Leverkuseners.

Alemannias Auf­sichts­rats­chef Chris­ti­an Stein­born macht gegen­über In der Pratsch dezi­diert klar, die Ange­le­gen­heit Rol­fes nicht kom­men­tie­ren zu wol­len. Und sei­ne Ein­las­sun­gen gegen­über der Aache­ner Zei­tung klan­gen glei­cher­ma­ßen schmal­lip­pig. Wur­de er auf dem fal­schen Fuß erwischt und muss jetzt sehen, dass er die Situa­ti­on unter Kon­trol­le bekommt? Bleibt die Fra­ge, wer wel­ches Inter­es­se dar­an hät­te, so auf Gegen­kurs zur offi­zi­el­len Linie des Ver­eins zu gehen und inwie­weit sich die AZ hier­zu instru­men­ta­li­sie­ren ließ. Immer­hin ist es nicht gera­de all­täg­lich, in Zei­ten gleich meh­re­rer Kri­sen­the­men die Sei­te Eins für eine unter dem Strich kaum mit Kon­kre­tem unter­füt­ter­te Geschich­te frei zu räumen.

Simon Rol­fes: die Galionsfigur?

Beim zwei­ten Sze­na­rio füh­ren die Spu­ren wie­der zu Are­na 11. Denn Rol­fes‘ Bera­ter zu Pro­fi­zei­ten war Lars-Wil­helm Baum­gar­ten. Auf der Home­page des Spie­ler­ver­mitt­lers ist das sogar noch nach­zu­le­sen. Baum­gar­ten ist inzwi­schen nicht nur Geschäfts­führer sei­ner eige­nen Fir­ma Baum­gar­ten Sports & More, son­dern auch Geschäfts­führer der Are­na 11 Sports Group.

Harm­lo­ser Zufall oder soll­te es tat­säch­lich eine Ver­bin­dung zwi­schen Simon Rol­fes und der omi­nö­sen Grup­pe geben, die angeb­lich Geld für den Köl­mel-Deal geben will? Und soll Rol­fes als Gali­ons­fi­gur für das Geschäft her­hal­ten, weil man sich nicht mehr sicher ist, dass man mit Micha­el Köl­mel als Ram­pen­sau die Ange­le­gen­heit pro­blem­los durch die Jahres­haupt­versammlung brin­gen wird?

Das alles mag kon­stru­iert klin­gen und am Ende bekommt Alemannia Aachen viel­leicht tat­säch­lich die Königs­lö­sung hin. Aber Fra­gen soll­ten erlaubt sein. Simon Rol­fes jeden­falls hat auf ent­spre­chen­de Nach­fra­gen bis jetzt nicht reagiert.

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Als wir die ersten Buchstaben tippten, um unsere fixe Idee eines Alemannia-Magazins in die Tat umzusetzen, spielte Henri Heeren noch in Schwarz-Gelb. Jupp Ivanovic machte drei Buden am Millerntor und trotzdem träumte niemand von Bundesliga oder Europapokal. Das ist lange her. In der Zwischenzeit waren wir mit dem TSV ganz oben. Wir sind mit ihm ziemlich unten. Aufgehört haben wir unterwegs irgendwie nie. Neue Ausgaben kamen mal in größeren, mal in kleineren Abständen. Und jetzt schreiben wir halt auch noch das Internet voll.

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